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Kreistag verurteilt Demo-Gewalt

In einer Sondersitzung zur Corona-Lage wurde heftig diskutiert. Für einen gab es aber fraktionsübergreifend Lob.

Von Gunnar Klehm
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Der Kreistag Sächsische Schweiz-Osterzgebirge tagte diese Woche in Freital und in gebührendem Abstand zueinander.
Der Kreistag Sächsische Schweiz-Osterzgebirge tagte diese Woche in Freital und in gebührendem Abstand zueinander. © SZ/Gunnar Klehm

Die einen haben die Notwendigkeit der Sondersitzung nicht gesehen, andere wollten unbedingt mal Dampf ablassen. Am Montagabend war der Kreistag zu einer Sonder-Sitzung im Freitaler Berufsschulzentrum (BSZ) zusammengekommen. Das hatte die AfD-Fraktion beantragt.

Das Landratsamt hatte noch mal alle Zahlen im Zusammenhang mit der Lage rund um das Corona-Virus zusammengetragen, die auch schon laufend veröffentlicht wurden. Für die Sitzung wurde mit großem Aufwand die Sporthalle im BSZ in Freital-Burgk hergerichtet, damit die empfohlenen Abstände zwischen den 87 Kreisräten und der Verwaltungsspitze eingehalten werden konnte. 

Sämtliche Fraktionen lobten das Agieren des Landrates Michael Geisler (CDU). Auch bei der Bewertung der Ausschreitungen bei einem der sogenannten Spaziergänge in Pirna war man sich weitgehend einig: Gewalt geht gar nicht. Dann entspann sich jedoch eine Debatte, auf die einige gern verzichtet hätten - nicht nur aus finanziellen Gründen.

CDU zollt Landrat Respekt

Die Dringlichkeit der Sitzung war CDU-Fraktionschef Mike Ruckh nicht einleuchtend. Über aktuelle Entwicklungen sei man ständig informiert gewesen - wer es wollte. Im Juni zur regulären Kreistagssitzung gebe es mehr Daten, auf die mit Entscheidungen reagiert werden könnte. 

Ruckh zollte dem Landrat Respekt für seine Weitsicht und sein Handeln im Zusammenhang mit der Corona-Lage, wie er die Pandemie bezeichnete. Jetzt sei wichtig, Dauerarbeitslosigkeit zu verhindern. "Die Rückkehr zur Normalität ist noch ein weiter Weg."

AfD verurteilt Gewalt bei Spaziergängen

André Barth dankte dem Landrat im Namen der AfD-Fraktion für die "Moderation der Krise". "Wir fühlten uns ordentlich informiert." Ein Dutzend Fragen hatten seine Fraktionskollegen danach aber doch. Die will der Landrat zum Großteil schriftlich beantworten, weil es juristische Auseinandersetzungen gebe, wie er andeutete. Barth kritisierte den Bund, der im März das Infektionsschutzgesetz derart veränderte, dass es mehr als fragwürdig sei.

Zu den Ausschreitungen während des sogenannten Spaziergangs am 13. Mai in Pirna erklärte Barth: "Gewalt gegen Personen und Sachen verurteilen wir als AfD-Fraktion. Ebenso wenn Polizisten als Merkel-Vasallen beschimpft werden." Es dürfe aber nicht zu Stigmatisierungen kommen.

Freie Wähler wollen aus Erfahrungen lernen

Auch Christoph Fröse (Freie Wähler) dankte Landrat und Kreisverwaltung für das bisherige Agieren. "Die Erfahrungen aus früheren Krisen wie Hochwassern wurde genutzt. Teilweise waren wir dem Freistaat und dem Bund sogar einen Schritt voraus."

Angesichts der niedrigen Zahlen an Infizierten und schwer Kranken im Landkreis erklärte Fröse, dass man bei der Sache gut weggekommen sei. Ob das Zufall war oder gerade an den Maßnahmen lag, werde man aber erst später wissen.

Linke dankt für Disziplin der meisten Menschen

Für Die Linke dankte André Hahn ebenfalls dem Landratsamt, zuvor aber noch allen, die an der Bewältigung der Situation mitgewirkt haben und bei der großen Mehrheit der Menschen - für deren Disziplin und Geduld. Hahn kritisierte, dass aus der Pandemie-Studie von 2012 "nichts, aber auch gar nichts umgesetzt wurde". Jetzt sei deutlicher denn je geworden, dass Krankenhäuser in die öffentliche Hand gehörten.

Er habe Verständnis für Menschen, die verzweifelt sind. Ihn verwundere jedoch, dass "jetzt, wo es Lockerungen gibt, für Lockerungen demonstriert wird". Er appellierte, dass parlamentarische Kontrolle auch in Krisenzeiten möglich bleibt.

Grüne fühlen sich sicher im Landkreis

Silke Körner (Bündnis 90/ Die Grünen) erklärte, dass sie sich die gesamte Corona-Zeit über sehr sicher im Landkreis gefühlt habe. Dafür dankte sie namentlich dem Landrat. Grundgesetz-Einschränkungen seien nicht auf Dauer zu akzeptieren. Zu den politischen Spaziergängen erklärte sie jedoch, dass auch bei Protesten die Spielregeln einzuhalten sind und jemand die Verantwortung zu einer Anmeldung von Demonstrationen übernehmen müsse.

SPD richtet Blick auf sozial Schwächere

Ralf Wätzig (SPD) lobte die Informationspolitik im Landkreis. "Wir haben uns gut mitgenommen gefühlt." Kritik übte er jedoch daran, dass es im März keinen regulären Kreistag gegeben hat. Stattdessen traf der Landrat allein Eilentscheidungen. Er forderte jetzt aber eine ehrliche Diskussion über den Umgang mit den Corona-Folgen. Es müsse geklärt werden, wie man sich jetzt um diejenigen kümmere, die die letzten Wochen nicht so gut verkraftet haben, insbesondere unter den Kindern und Jugendlichen. 

FDP mahnt Vorsorge für nächste Krise an

Manfred Elsner (FDP) dankte wie alle Vorredner dem Landrat, der sich einmal mehr kampferprobt in Krisensituationen zeigte. Auch die Zusammenarbeit mit den Kommunen sei gut gelaufen. Sicher sei jedoch, dass es nicht die letzte Krise gewesen sein wird. Deshalb sei eine gute Auswertung nötig. "Im Nachhinein gibt es immer neue Erkenntnisse." Gespannt werde er beobachten, wer für Krisenvorsorge auch Geld investieren will.

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