Kriegsdenkmal erneut geschändet

Von Jürgen Müller und Matthias Fiebiger
Stauchitz. 50 Jahre hatte es gedauert, bis auch in Stauchitz ein Denkmal zum Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges eingeweiht wurde. Die Rote Armee war am 6. Mai 1945 in Stauchitz einmarschiert und hatte den Ort vom Faschismus befreit. 75 Jahre später interessiert das offenbar niemanden mehr. Eine Gedenkveranstaltung - wenn auch wegen der Corona-Krise nur im kleinen Rahmen - fand nicht statt, ein Kranz oder Blumen wurden nicht niedergelegt.
Dann hätten sich die Vertreter der Gemeinde auch mächtig schämen müssen. Denn zum dritten Mal seit seiner Einweihung wurde das Denkmal geschändet, Buchstaben aus der Inschrift herausgebrochen. Aber nicht nur das. Auch das Pflaster auf dem kleinen Platz ist stark verwüstet, die Anlage dient als Müllhalde. Schnaps- und Bierflaschen und anderer Unrat liegen überall herum.
Das Gelände wird mangels eines Jugendklubs in Stauchitz vor allem von Jugendlichen für deren Treffs genutzt. Offenbar stört es niemanden, dass das Gelände verschmutzt und nun auch das Denkmal geschändet wurde. Spaziergänger und Angehörige von Kriegsopfern sind über den derzeitigen Zustand sehr empört. Schon in den Jahren 1996 und 2016 gab es Zerstörungen.
Die Gemeinde weiß über die Zerstörungen Bescheid, nachdem sie von Bürgern informiert wurde. "Die fehlenden Buchstaben sind nachbestellt worden. Sie sind ja nur aufgeklebt. Ob sie abgefallen sind oder absichtlich entfernt wurden, kann ich nicht sagen", so der Stauchitzer Bürgermeister Frank Seifert (parteilos). Auch die Müllablagerungen sind der Gemeinde bekannt. "Wir wissen, dass sich dort Jugendliche aufhalten, es gibt ja keinen Jugendklub. Das Ordnungsamt war vor Ort, hat mit den Jugendlichen gesprochen. Seitdem ist Ruhe", sagt der Gemeindechef. Doch das war wohl nur von kurzer Dauer. Über das Wochenende hat sich erneut Müll angesammelt.
Der Bürgermeister räumt ein, das die Gemeinde den 75. Jahrestag der Befreiung verbrummt hat. "Es wurden zwar Blumen am Denkmal abgelegt, aber nicht von der Gemeinde. Der Jahrestag ist wegen der Corona-Krise bei uns untergegangen", sagt er.
Das Denkmal erinnert an die etwa 50 militärischen und zivilen Opfer aus Stauchitz und mahnt gleichzeitig, Kriege zu verhindern. Nach Sanierung des Stauchitzer Denkmals für den Ersten Weltkrieg im Sommer 1992 kamen zahlreiche Stimmen im Ort hoch, warum kein Denkmal zum Zweiten Weltkrieg im Dorf existiert. Im Januar 1993 gründete sich eine aus sechs Bürgern bestehende Arbeitsgruppe, welche den kompletten Denkmalbau übernahmen. Ziel war es, keine Finanzmittel der Gemeinde zu verwenden, also ausschließlich ein 11 000 Mark teures Denkmal nur aus Spendenmittel zu errichten.108 Spender aus Stauchitz und ganz Deutschland überboten am Ende sogar diese Summe.
Aus 13 Gestaltungsentwürfen von vier Firmen aus der Umgebung erhielt die Riesaer Steinmetzfirma Naturstein-Rudolf im Oktober 1994 schließlich den Auftrag zur Errichtung des Denkmals. Am 7. Mai 1995 erfolgte am Jahnatalweg, etwa 350 Meter von der Alten Post in Richtung Hof entfernt, in Anwesenheit von über 120 Teilnehmern aus Stauchitz sowie aus nah und fern unter Beisein des damaligen Landrates Rainer Kutschke (CDU) die feierliche Einweihung. Somit hatte Stauchitz 50 Jahre nach Beendigung des schrecklichen Krieges auch ein Denk- und Mahnmal.
Für zahlreiche Angehörige ist diese Gedenkstätte die einzige Stelle, um in Ruhe und Besinnung denen zu gedenken. "Wir verpflichten uns nun, dieses Denkmal in Zukunft zu pflegen, um die Stätte der Begegnung und Besinnung in einem würdigen Rahmen für unsere Nachkommen zu erhalten", sagte die damalige Stauchitzer Bürgermeisterin Christel Prusseit (FDP).