Von Petra Laurin
Oldrich Podzimek hat dasselbe Hobby wie sein Enkel Tomáš. Der Opa und sein Enkelkind bauen gemeinsam Krippen. Jetzt in der Weihnachtszeit haben sie besonders viel zu tun. Den Zauber des Krippenbaus entdeckte er vor vier Jahren, als er Rentner wurde. Gemeinsam mit acht Freunden gründete er im vergangenen Jahr einen Krippenzirkel. „Am Anfang waren wir acht Personen, zurzeit sind wir schon 30 Mitglieder, darunter acht Kinder,“ erzählt Podzimek. Die Stadt Jirikov (Georgswalde) stellte dem Verein Räume in der früheren Sparkasse zu Verfügung. Dort gab es am ersten Adventswochenende auch eine Ausstellung mit Papierkrippen in verschiedener Bearbeitung, Krippen aus Glas, Keramik, Holz, Zinn und anderen Materialien zu sehen. Die Werke stammten von Holzschnitzern von früher und heute. Ihre Schätze zeigen die Krippenkünstler aber nicht nur am Vereinssitz in Jirikov, sondern auch in anderen tschechischen Orten, zum Beispiel in Lipová (Hainspach), Mikulášovice (Nixdorf) oder Ústí nad Labem (Aussig). Es gibt auch Überlegungen für eine Ausstellung jenseits der Grenze in Ebersbach. Grenzüberschreitende Kontakte gibt es jedenfalls. „Dabei kommt mir mein alter Beruf zugute“, sagte Oldrich Podzimek. Er ist früher Direktor des Altersheims in Filipov (Philippsdorf) gewesen.
Das Vorbild für ihre Ausstellungen haben die tschechischen Krippenbauer beim Schirgiswalder Krippenverein gefunden. Schirgiswalde ist als die Hauptstadt der Krippen anerkannt. Der dortige Verein existiert seit mehr als 40 Jahren und zeigt alle zwei Jahre eine große Krippenausstellung im Elisabethsaal nahe der katholischen Kirche. „Wir haben enge Kontakte zum dortigen Krippenverein“, sagt Oldrich Podzimek. Einige Schirgiswalder sind gleichzeitig auch Mitglieder in dem tschechischen Verein.
Die Krippentradition in Schirgiswalde liegt in der jahrhundertelangen Zugehörigkeit des Städtchens als Enklave zu Böhmen begründet. Erst 1845 wurde Schirgiswalde sächsisch. Doch es bleiben auch in der Folge noch enge familiäre und konfessionelle Bindungen zu Böhmen bestehen, sodass die Krippenbegeisterung des Gebietes um Schluckenau auf Schirgiswalde ausstrahlte. Hier überlebte sie auch die Kriegs- und Nachkriegszeit, in der durch die Vertreibung der deutschen Bevölkerung die meisten Krippen im nördlichsten Böhmen verschwanden. Schluckenau und Umgebung entwickelten sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem Zentrum der Krippenschnitzerei und des Krippenbaus. Die Ursprünge dafür liegen bei Südtiroler Schnitzern, die Anfang des 19. Jahrhunderts Figuren aus Zirbelholz nach Schluckenau brachten. Bald hatten Einheimische die Kunst des Schnitzens erlernt, und ihre Figuren standen den alpenländischen Vorbildern kaum nach. Die nordböhmischen Krippenschnitzer und -bauer waren Leineweber, Handwerker oder Waldarbeiter. Von diesen bezogen auch die Schirgiswalder ihre Krippenfiguren.
„Ich finde es spannend, mit diesem Hobby an alte Traditionen unseres Schluckenauer Zipfels anknüpfen zu können“, sagt Oldrich Podzimek. Sein achtjähriger Enkel stimmt voll Begeisterung zu. In dem Verein sind noch weitere Kinder Mitglied. „Sie kamen mit ihren Eltern zu unseren Ausstellungen, kauften sich eine Papierkrippe und kamen so zu unserem Verein“, erklärt der Krippenbauer. Der Vereinsnachwuchs veranstaltet in diesem Jahr auch eine erste Schulausstellung in Varnsdorf.