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Küsters verlagert Produktion nach Indien

In dem fast 150-jährigen Traditionsbetrieb haben bis vor fünf Jahren knapp 200 Menschen gearbeitet. Am Jahresende sollen es noch acht sein. Noch hofft die Belegschaft auf ein Wunder.

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Von Thomas Mielke

Der Zittauer Textilmaschinenbau stirbt auf Raten: Die Benniger AG aus der Schweiz hat beschlossen, die einst fast 200 Mitarbeiter starke Küsters textile GmbH an der Gerhart-Hauptmann-Straße fast auf Null zu fahren. „Die Produktionsaktivitäten in der Division Textilveredlung werden über die nächsten zwölf Monate schrittweise vom Produktionswerk Zittau in Deutschland nach Pune in Indien und nach Uzwil in der Schweiz verlagert“, teilte die Firma mit. „Der Standort Zittau wird auf das Servicegeschäft der Küsters-Produkte ausgerichtet und für spezifische Entwicklungsaktivitäten genutzt.“ Die Firma begründet den Schritt damit, dass sie ihre Produktion den Marktbedürfnissen und den zukünftigen Zielmärkten anpassen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das kann sie nur vorbeugend meinen: Nach Aussagen von Betriebsangehörigen sind die Auftragsbücher, auch in Zittau, voll.

Das endgültige Aus des Zittauer Werkes bestreitet Benniger-Chef Gerhard Huber auf SZ-Anfrage: „Es handelt sich nicht um eine Schließung, da einzelne Funktionen respektive Abteilungen erhalten bleiben“, teilte er schriftlich mit. „Die Produktionskapazitäten in Europa werden angepasst, dies bedingt eine Anpassung der Produktionsbereiche in Zittau.“

Im Klartext heißt das, dass die Belegschaft von derzeit 63 Mitarbeitern auf acht zurückgefahren werden soll. „Für die betroffenen Mitarbeiter wird ein Sozialplan erarbeitet und eine Lösung einer Transfergesellschaft angeboten“, so Huber.

Ein Teil der Maschinen wird verkauft. Ein anderer Teil bleibt in Zittau. Mit ihnen sollen weiter Walzen gefertigt werden. „Das Werksgelände ist bis auf Weiteres durch die Küsters textile GmbH gemietet und bleibt somit erhalten“, so Huber. Auch die Gesellschaftsform der Firma soll erhalten bleiben.

In der Küsters-Belegschaft geht jetzt die Angst vor der Arbeitslosigkeit um. Man werde die Benninger-Pläne nicht kampflos hinnehmen, heißt es. Öffentlich äußern wollte sich dazu niemand. Auch der Betriebsrat hält sich noch bedeckt. Derzeit verhandele man mit der Geschäftsführung über die konkrete Ausgestaltung der Benninger-Pläne, hieß es auf SZ-Anfrage.

Die Geschichte der Firma ist lang und weltweit mit Erfolgen gespickt. Vor 148 Jahren wurde sie gegründet und hieß „Zittauer Maschinenfabrik AG“, zu DDR-Zeiten VEB Textilmaschinenbau Zittau. 1970 wurde sie bei Robur angegliedert und als Fertigungsteil 4 geführt. Die Textilveredlungsmaschinen der Marke Textima waren im gesamten Ostblock gefragt.

Gleich nach der Wende übernahm die Küsters-Gruppe aus Krefeld das Unternehmen. Die Geschäftsführung war des Lobes über Mitarbeiter und das in der Firma geparkte Wissen voll, wie der einstige Geschäftsführer schrieb.

Trotz saisonaler Flauten arbeiteten zur Jahrtausendwende noch 180 Menschen bei Küsters. Mit der Übernahme durch den Konkurrenten Benninger – eigenen Angaben zufolge „der weltweit führende Partner der Textilindustrie“ – vor fünf Jahren begann die Talfahrt. 2008 wurden 42 Leute entlassen. Allerdings hieß es damals, dass die Produktion aus der Schweiz nach Zittau verlagert werden soll – wenn das Werk effektiver wird. Nur wenige Monate später schickte die Firma die Hälfte vom Rest der Belegschaft in die Arbeitslosigkeit. Angeblich waren die Auftragsbücher wegen der Wirtschaftskrise wie leer gefegt. Parallel dazu hieß es trotzdem wieder, dass in Zittau in Größenordnungen investiert wird. Der damalige Geschäftsführer kündigte sogar an, dass die Produktion bis Ende 2009 komplett von der Schweiz nach Zittau verlagert werden sollte. Auf ein Wort