Corona-Kurzarbeit - welche Rechte habe ich?

Leere Auftragsbücher, verwaiste Hotels und Restaurants: Die Corona-Krise zwingt viele Beschäftigte in die Kurzarbeit – und stellt alle vor neue Herausforderungen. Das haben auch die vielen Fragen beim SZ-Telefonforum gezeigt, die die Fachanwälte für Arbeitsrecht Yvonne Ledfuß, Manuela Wolfram und Bertram Petzold aus Dresden beantwortet haben.
Kann der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld eigentlich auch aufstocken? Wir haben so schon geringe Löhne!
Das am Donnerstag vorgelegte Rettungspaket der Bundesregierung sieht eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes vor. Zudem kann der Arbeitgeber die Leistung aufstocken, das ist aber absolut freiwillig. Allerdings erstattet die Agentur für Arbeit im Rahmen der Kurzarbeit auch die Sozialversicherungsbeiträge, die sonst der Arbeitgeber zahlt. Vielleicht ist das ein Argument, Ihren Chef von einer Aufstockung zu überzeugen. In vielen Tarifverträgen ist dies ohnehin vorgesehen.
Ich bin in Kurzarbeit mit null Arbeitstagen. Vermutlich ab 4. Mai werden wir den Friseursalon wieder öffnen. Ich soll Ende April zwei Tage kommen, um telefonisch Terminvereinbarungen zu übernehmen. Darf ich das überhaupt?
Grundsätzlich kann bei Kurzarbeit null keine Arbeitsleistung erfolgen. Faktisch handelt es sich hier um die Aufhebung der Kurzarbeit für diese Tage. Zu empfehlen ist, dass Sie den Weisungen folgen und Ihre Leistung erbringen. Allerdings muss Ihr Arbeitgeber Sie für diese Zeit auch mit Ihrem üblichen Entgelt entlohnen.
Bei uns droht Kurzarbeit. Darf mein Chef anweisen, dass ich vorab erst mal mein Überstundenkonto abbaue?
Ja. Will ein Arbeitgeber Kurzarbeit beantragen, schreibt der Gesetzgeber ihm vor, dass zunächst Arbeitszeitguthaben abgebaut werden müssen – allerdings nur in einem bestimmten Umfang. Geschützt sind unter anderem Arbeitszeitguthaben, die den Umfang von zehn Prozent der Jahresarbeitszeit übersteigen oder die länger als ein Jahr unverändert bestanden haben. Der Abbau des Arbeitszeitguthabens und das Anweisungsrecht des Arbeitgebers zum Abbau ist meist in Betriebsvereinbarungen oder im Arbeitsvertrag geregelt. An diese Vorgaben muss sich der Arbeitgeber halten.
Wir haben einen Landwirtschaftsbetrieb und würden gern Arbeitnehmer einstellen, die sich in Kurzarbeit befinden. Ich habe gehört, dass die nur bis zur Grenze des bisherigen Nettolohnes dazuverdienen können. Wie weiß ich aber, was die Arbeitnehmer verdienen?
Der Hinzuverdienst wirkt sich nur auf das Kurzarbeitergeld aus. Wenn ein potenzieller Mitarbeiter nur so viel arbeiten möchte, dass die Grenze zum bisherigen Netto nicht überschritten wird, obliegt es dem Arbeitnehmer, Ihnen das mitzuteilen.
Kann unser Betrieb auch rückwirkend Kurzarbeit anordnen?
Nein. In der Regel beantragt ein Arbeitgeber vorsorglich Kurzarbeit, wenn er erwartet, dass aus betrieblichen Gründen in absehbarer Zeit eine Reduzierung der Arbeitszeit erforderlich wird. Der konkrete Zeitraum wird dann später angezeigt. Der Arbeitgeber kann beispielsweise nicht Mitte Mai aufgrund einer schlechten Auftragslage bestimmen, dass bereits ab Anfang Mai Kurzarbeit gegolten hat, wenn tatsächlich aber gearbeitet wurde. Das Kurzarbeitergeld zahlt der Arbeitgeber, bekommt es jedoch von der Agentur für Arbeit erstattet. Das heißt, er ist in der Nachweispflicht, auch über die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter. Haben diese in dem Beispiel bis Mitte Mai voll gearbeitet, gelingt es dem Arbeitgeber schon allein damit nicht, Kurzarbeit zu belegen. Die Neuregelungen zum Kurzarbeitergeld, die wegen der Corona-Pandemie erlassen wurden, traten allerdings rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft, sodass hier eine rückwirkende Anmeldung der Kurzarbeit möglich war.
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Ich bin seit März in Kurzarbeit null. Laut Arbeitsvertrag beträgt die Kündigungsfrist drei Monate zum Quartalsende. Kann ich wegen der Kurzarbeit zeitiger kündigen?
Nein. Durch das Kurzarbeitergeld werden die vertraglichen Regelungen zur Kurzarbeit nicht außer Kraft gesetzt. Es bleibt nur, dem bisherigen Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anzubieten.
Ich habe die zwei Mitarbeiter unseres Ladens in Kurzarbeit null geschickt. Um die Wiederöffnung vorzubereiten, würde ich sie nun gern ein paar Stunden arbeiten kommen lassen. Wie geht das?
Grundsätzlich hat Ihre beantragte Kurzarbeit nichts damit zu tun, wie lange Ihr Geschäft geschlossen ist. Sie als Inhaber entscheiden selbst, wann es sich wieder lohnt, die Mitarbeiter reinzuholen. Sie können den Betrieb auch langsam wieder hochfahren und Ihre Mitarbeiter nur für einige Stunden in der Woche beschäftigen. Die tatsächliche Arbeitszeit müssen Sie in dem Fall an die Bundesagentur für Arbeit melden. In der Folge würde für Ihre Mitarbeiter der Anteil des Lohnes steigen und der Anteil des Kurzarbeitergeldes sinken.
Solange ich in Kurzarbeit bin, will ich einem Nebenjob nachgehen. Kann ich so viel dazuverdienen, wie ich möchte?
Nein. Wenn Sie während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine nebenberufliche Tätigkeit aufnehmen, wird das dabei erzielte Einkommen auf das Kurzarbeitergeld angerechnet, da eine Erhöhung des tatsächlich erzielten Entgelts vorliegt. Eine Ausnahme gilt für alle, die eine Nebenbeschäftigung in einem systemrelevanten Bereich aufnehmen oder ausüben. Das Nebeneinkommen wird von April bis einschließlich Oktober 2020 nicht angerechnet, soweit es zusammen mit dem Kurzarbeitergeld das normale Gehalt aus der Haupttätigkeit nicht übersteigt. Wichtig: Ein 450-Euro-Minijob bleibt in diesen Fällen vollständig anrechnungsfrei.
Ich habe schon jahrelang einen Nebenjob. In meinem Hauptjob bin ich derzeit in Kurzarbeit. Kann ich mir jetzt nebenbei etwas mehr dazuverdienen?
Wenn Sie Ihren Nebenjob unverändert weiterführen, wird Ihr Dazuverdienst nicht berücksichtigt. Es ergeben sich dann keinerlei Auswirkungen auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes. Wenn Sie aber Ihren Nebenjob erweitern und nun im Nebenjob mehr verdienen als vor der Kurzarbeit, erfolgt eine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld, da sich das tatsächlich erzielte Einkommen erhöht. Anders wäre es, wenn Sie Ihren Nebenjob im systemrelevanten Bereich ausüben.
Muss ich meinen Chef um Erlaubnis fragen, wenn ich während meiner verordneten Kurzarbeit nebenbei einer anderen Tätigkeit nachgehen will?
Ja, möchten Sie eine Nebentätigkeit aufnehmen, sind Sie dazu verpflichtet, dies Ihrem Arbeitgeber anzuzeigen. Er muss die Gelegenheit haben, zu prüfen, ob eine eventuelle Konkurrenztätigkeit zur Hauptbeschäftigung vorliegt. Außerdem gilt: Ist in Ihrem Arbeitsvertrag geregelt, dass es zur Aufnahme eines Nebenjobs einer Genehmigung des Arbeitgebers bedarf, dann muss er diese erteilen, wenn keine triftigen Gründe dagegensprechen.
Kornelia Noack notierte Fragen und Antworten.
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