Von Manfred Schulze
Eine neue Hiobsbotschaft kam gestern aus dem Dresdner Wirtschaftsministerium: Beim Leipziger Citytunnel gibt es zahlreiche Nachforderungen von Genehmigungsbehörden und 400Nachträge von Baufirmen, die den Kostenrahmen immer weiter aus den Fugen bringen. Statt der 572 Millionen Euro, die beim Baustart vor vier Jahren genannt wurden, muss jetzt mit mindestens 705Millionen gerechnet werden. Der Zeitplan für die Inbetriebnahme des rund drei Kilometer langen Tunnels sei nicht gefährdet.
„Nicht auszuschließen“
Staatssekretär Hartmut Mangold vom Sächsischen Wirtschaftsministerium verhandelt derzeit mit der Bahn, dem Bund und Leipzig, um „eine vertragsgemäße Verteilung“ der zusätzlichen Kosten zu erreichen. Es sei allerdings absehbar, dass besonders der Freistaat einspringen müsse. „Diese Mehrkosten sind ärgerlich, aber bei Projekten solcher Größe und den enormen Sicherheitsansprüchen nicht ganz auszuschließen“, so Mangold.
Probleme hätten zusätzliche Gebäudesicherungen, Sicherungstechnik im Tunnel, aber auch Preissteigerungen am Bau bereitet. So müssen nach einer neuen Auflage des Eisenbahnamtes zusätzliche Dichtblöcke gegen Grundwasser an den Stationen gebaut werden, die allein am Markt neun Millionen Euro kosten. Außerdem wurde verlangt, nachträglich einen Rettungs-Querstollen auf dem gut 600 Meter kurzen Teilstück im Süden der Trasse zu schlagen. Mangold kritisierte in diesem Zusammenhang die Genehmigungsbehörde, dass man den eigenen Planfeststellungsbeschluss bereits 20mal verändert habe, was allein Planungsmehrkosten von 48 Millionen Euro verursacht habe. Zugleich räumte er aber auch ein, dass die vor mehr als zehn Jahren erfolgte Planung nicht in allen Punkten tiefgründig genug gewesen sei.
Dirk Brandenburger, Projektleiter der Deges, die im Auftrag des Freistaates den Bauablauf koordiniert, sieht auch heute noch den Einsatz der 65 Meter langen Bohrmaschine als einzig mögliche Technologie an. „Die höchstmögliche Sicherheit beim Untertunneln eines historischen Stadtkerns erfordert den Schildvortrieb, auch wenn das teurer als ein Sprengverfahren ist. Nur so haben wir es bisher verhindern können, dass Gebäude mehr als wenige Millimeter absinken.“
Allerdings hatten die Planer es offenbar versäumt, jetzt noch nötige Sicherungen unter erst kürzlich restaurierten Gebäuden im Stadtzentrum anzulegen. Deshalb verzögerte sich der Tunnelvortrieb bereits um drei Monate, erst im März wird nun die erste Röhre rohbaufertig sein.
Ob die 133 Millionen jetzt das Ende der Fahnenstange sind, wagt weder Mangold noch Brandenburger sicher zu sagen. „Sicher ist das nur bei dem Teil, der schon fertig oder wenigstens vergeben ist, also rund 400 Millionen.“
Die Stadt Leipzig hat eine Beteiligung an den Mehrkosten bereits ausgeschlossen.