Von Constanze Knappe
Regen kann sein Gutes haben. Die Kinder im Agnesheim Großröhrsdorf jedenfalls schlüpften, sobald es zu tropfen aufhörte, in ihre Gummistiefel und marschierten in den Garten, um mit Schaufeln das Wasser aus einem extra dafür angelegten Becken zu schöpfen. Die Außenanlagen der Einrichtung sind ein Entdeckerland, dazu angetan, dass man wunderbar spielen und sich dabei mal schmutzig machen darf. Am Nachmittag strahlten die Kinder mit einem durch die Wolken blinzelnden Sonnenstrahl um die Wette. Sie hatten am Montag Besuch: Staatssekretär Herbert Wolff vom Kultusministerium. Während sich die Kleinen über das mitgebrachte Spielzeug freuten, beschäftigen die Großen ganz andere, vor allem ernste Themen.
Das Agnesheim wurde 2008 eröffnet. Über eine halbe Million Euro, ein Großteil davon aus Fördertöpfen zur Stadtsanierung, investierte die Stadt Großröhrsdorf in das Objekt. Gut angelegtes Geld, wie sich zeigt. Die liebevoll gestalteten Räume in dem sanierten Altbau erinnern eher an ein Zuhause als an Gruppenzimmer einer Kita. Den Kindern damit Halt zu geben, das sei wichtig, sagt Kita-Leiterin Annette Böhme. Die Zahl der Trennungskinder nehme zu. Betrieben wird die mit 64 Plätzen kleine Einrichtung von der Evangelisch-lutheri-schen Kirchgemeinde Großröhrsdorf-Kleinröhrsdorf. Etwa die Hälfte der Kinder kommt aus konfessionell gebundenen Familien, die Vermittlung solcher Werte ist auch anderen Eltern wichtig.
Jeder Montag beginnt mit einem Morgenkreis, mit Liedern und Gebet. Zum Kindergottesdienst am Ostersonntag kamen auch viele Familien, die sonst mit Kirche nichts am Hut haben.
Zum nächsten Schulbeginn verlassen 27 Kinder das Agnesheim. Alle Plätze werden anschließend wieder besetzt, der Anteil der Krippenkinder dabei etwas erhöht. In der Kita sind acht pädagogische Mitarbeiter, Hausmeister und Wirtschafterin tätig. Viele Ehrenamtliche aus der Kirchgemeinde unterstützen das Team. Ohne sie wäre manches nicht möglich, so Annette Böhme. Der Personalschlüssel ist wie überall in den Kitas auch ihr Problem. Alles gut, wenn alle da sind. „Doch wenn jemand ausfällt, wird es schwierig, die Qualität zu halten“, sagte sie. Der Staatssekretär stellte Hilfe in Aussicht. Kitas an sozialen Brennpunkten in Sachsen könnten schon jetzt über ein auf 100 Stellen begrenztes Assistentenprogramm Unterstützung bekommen. Es sei Ziel, in den Verhandlungen zum nächsten sächsischen Staatshaushalt dieses Programm flächendeckend auszuweiten. Was die Finanzierung der Kinderbetreuung angeht, ist ein solcher Hoffnungsschimmer hingegen nicht in Sicht. 2005 wurde der Landeszuschuss von 36 auf 31 Prozent gekürzt und seitdem eingefroren, beklagt Bürgermeisterin Kerstin Ternes. Die Elternbeiträge sind mit maximal 30 Prozent begrenzt. Großröhrsdorf hat da nicht mehr viel Luft nach oben. So bleiben alle steigenden Kosten wie etwa Betriebskosten oder Tarifsteigerungen beim Personal an der Kommune hängen. 1,2 Millionen Euro hat die Stadt Großröhrsdorf pro Jahr dafür aufzubringen. Die Schmerzgrenze ist in vielen Kommunen längst erreicht. „Wir freuen uns über steigende Kinderzahlen und über Fördermittel für investive Maßnahmen in den Kitas. Wir brauchen aber auch mehr Geld, um diese betreiben zu können“, erklärte Dietrich Krause, der CDU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat. Ob sich da in naher Zukunft etwas ändert, die Antwort blieb der Staatssekretär schuldig. Er verwies stattdessen auf Verhandlungen des Freistaats mit den kommunalen Spitzenverbänden, deren Ausgang ungewiss ist. 337 Plätze in Krippe und Kindergarten gibt es in Großröhrsdorf bei verschiedenen Trägern, dazu 20 bei Tagesmüttern. Mit der erweiterten Kapazität im Neubau in Kleinröhrsdorf sei man gut aufgestellt – auch mit Blick auf den weiteren Zuzug junger Familien. Sorgen macht der Stadtverwaltung jedoch die Hortbetreuung. 220 Plätze gibt es dafür in der Praßerschule – bei steigendem Bedarf.
Kerstin Ternes führt das zum einen auf die guten Ganztagsangebote in der Grundschule zurück, ebenso aber darauf, dass in vielen jungen Familien beide Elternteile arbeiten. Über eine Doppelnutzung als Klassenzimmer und Hort versuche man vorerst, den Bedarf abzufangen.