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Warum wir jetzt mehr kuscheln sollten

Zu Hause arbeiten, kochen, spielen: Corona stellt Beziehungen auf die Probe. Paartherapeut Christian Thiel erklärt, wie man Streit vermeidet.

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Kuscheln mit den Liebsten ist in diesen Tagen nicht nur erlaubt, sondern besonders wichtig.
Kuscheln mit den Liebsten ist in diesen Tagen nicht nur erlaubt, sondern besonders wichtig. © 123rf

Die Corona-Pandemie bringt unser Leben durcheinander. Die Ungewissheit macht viele ratlos, nervös und gereizt. Streit ist vorprogrammiert. Wie sich der zu Hause umgehen lässt, erklärt Paartherapeut und Kolumnist Christian Thiel im SZ-Gespräch.

Herr Thiel, die Schulen sind dicht, viele Betriebe auch. Paare und Familien sind jetzt den ganzen Tag zusammen. Da geht man sich doch früher oder später auf die Nerven, oder?

Kommt darauf an, wie sie miteinander umgehen. Wenn sie sich ständig bestätigen, wie schrecklich alles ist und wie sehr einen der andere nervt, dann wird es anstrengend. Besser ist, wenn Sie sich sagen: „Wir schaffen das. Gemeinsam.“

Eigentlich passiert doch im Zuge der Krise, wonach sich alle sehnen: Zeit für sich und die Familie zu haben. Warum stresst das auf einmal so viele?

Ich habe da so meine Zweifel. Warum leben so wenige so, wenn sie es sich doch angeblich wünschen? Viele Männer fühlen sich bei ihrer Arbeit deutlich wohler als zu Hause. Das gibt nur kaum einer zu. Hinzu kommt, dass es alle Beteiligten nicht gewohnt sind, so viel Zeit miteinander zu verbringen. Und dann ist da noch die Unsicherheit, die dieser Virus bei vielen auslöst. Viele Menschen schlafen schlecht, und dann liegen die Nerven schnell blank.

Wo könnte es jetzt kriseln?

An jeder Stelle. Das ist eine Ausnahmesituation. Menschen fühlen sich bedroht, das kommt noch dazu. Eines muss klar sein: Eltern sind für ihre Kinder da, nicht Kinder für die Eltern. Das setzt die Eltern mächtig unter Druck und kann nur funktionieren, wenn sie zusammenstehen. Das ist das Gebot der Stunde. „Wir gegen den Rest der Welt“ ist jetzt noch viel wichtiger als sonst. Wenn dieses „Wir“ siegt, dieses „Wir schaffen das!“, dann ist eine Partnerschaft stabil. Das gilt für die Gesellschaft genauso. Die Verzagtheit und Verunsicherung bei uns ist unglaublich groß. Mir fehlt ein bisschen der Optimismus, den etwa die Amerikaner haben. Natürlich schaffen wir das.

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