Von Catharina Karlshausund Jörg Richter
Mehrheit ist Mehrheit, und wenn wir sie haben, werden wir sie auch nutzen“, sagte Gerhard Schröder (SPD). Ein Optimismus, den sich der amtierende Bundeskanzler gönnte, kurz nachdem er sich mit Joschka Fischer (Grüne) auf die Fortsetzung der Koalition geeinigt hatte.
Verfolgt wurde der Wahlmarathon in Berlin natürlich auch an hiesigen Fernsehgeräten. „Es war spannend“, resümiert Rainer Kutschke (CDU), Landrat von Riesa-Großenhain. Das Endergebnis sei letztlich ein Warnschuss gewesen, „der zwar nicht ausgereicht hat, das Schiff zu versenken“, doch mit dem die rot-grüne Regierung auf alle Fälle wach gerüttelt wurde. „Sie ist gut beraten, mehr als bisher auf den politischen Gegner zu hören, statt sich selbstgefällig zurück zu lehnen“, so Kutschke. Veränderungen, besonders im wirtschaftlichen Bereich, seien zwingend erforderlich. Allerdings ist sich Kutschke nicht sicher, ob das mit der alten, neuen Regierung machbar ist. Viel lieber hätte er den CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber am Ruder gesehen. Besonders für die Entwicklung der Infrastruktur wäre seiner Meinung nach ein Regierungswechsel förderlicher gewesen. Werner Lacour, Geschäftsführer des Kreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt, hält die Bestätigung der alten Regierung hingegen für einen Vorteil. Das Wahlprogramm des bayrischen Ministerpräsidenten habe er erst gar nicht gelesen. Denn: „Davon brauchte man nicht viel erwarten“, sagt er. Nichtsdestotrotz weiß Lacour, dass die Unionsparteien das Kindergeld erhöhen wollten. Wichtig, so Lacour, wäre das freilich gewesen. Aber finanzierbar sicherlich nicht. Bundeskanzler Schröder bleibt jedoch auch nicht von Kritik verschont. „Er muss mehr für das Handwerk tun“, sagt Werner Lacour. Schließlich kenne auch er den Grundsatz: Wenn es der Wirtschaft gut geht, gibt es mehr Steuereinnahmen und dann kann auch mehr Geld für soziale Belange ausgegeben werden.
Angst und Bange ist Großenhains Bürgermeister Burkhard Müller (CDU). Zumindest dann, wenn die rot-grüne Koalition so weiter regiere wie in den letzten vier Jahren. „Die wirtschaftliche Entwicklung gerade in den neuen Bundesländern stagniert. Ich hoffe, dass sich dieser Abwärtstrend nicht fortsetzt“, so Müller. Aus seiner Sicht hätte ein Regierungswechsel mit Edmund Stoiber und Lothar Späth an der Seite den ersehnten Aufschwung bringen können.
Auf schwarz-gelb hatte auch Bernhard Hahn gesetzt. Der Unternehmer, der mit seiner Schreinerei seit sechs Jahren in Großenhain tätig ist, befindet den jetzigen Stand der Dinge rundheraus als eine „Katastrophe“. Er ist überzeugt davon, dass es unter Schröder keine Reformen geben werde. Enttäuscht ist er zudem von der FDP. „Dieser Partei muss man eindeutig den Vorwurf machen, dass sie nichts gegen ihren Chaoten Möllemann unternommen hat. Dessen gestriger Rücktritt kommt viel zu spät“, so Hahn.
Optimistischer sieht der Leiter der Freizeit-Insel Riesa-Großenhain, Uwe Hübner, die Angelegenheit. „Das Wahlergebnis ist nicht schlecht. Das knappe Ergebnis zwingt die Regierung, knallhart über ihre Arbeit nachzudenken“, sagt er. Der Politik in Deutschland könne diese Disziplinierung nur gut tun.
Kreishandwerksmeister Kurt Hähnichen hatte sich dagegen einen anderen Wahlausgang erhofft. Dass der alte nun der neue „Chef“ im Lande ist, damit müsse er jedoch leben. „Aber ich hoffe, dass die Sozialdemokraten begreifen, dass der Mittelstand das Rückgrat der Nation ist“, so Hähnichen. Neue Förderrichtlinien und die Senkung der Lohnnebenkosten müssten ebenso endlich auf der Tagesordnung stehen wie ein Gesetz gegen schlechte Zahlungsmoral. Immerhin hätten gerade die kleineren Unternehmen schwer mit dieser zu kämpfen.