Von Lars Kühl
Jeder hat sein eigenes Quadrat. 260 individuelle Bilder von Schülern und Pädagogen. Julia Gnilka und Maximilian Lemke haben die Kacheln auf spezielle Platten drucken lassen und zu einem sechs Meter langen und zwei Meter breiten Kunstwerk zusammengefügt. Gnilka und Lemke gehen in die zehnte Klasse der Gorbitzer Laborschule. Im September zählen sie zu den ersten, die mit der Gymnasialstufe beginnen. Doch heute steht erst einmal das große Jubiläum an. Die Kachelwand hängt inzwischen an der Fassade. Alles ist vorbereitet: Die Schule in freier Trägerschaft begeht mit einem Fest ihr Zehnjähriges.
Dass es so weit kommt, daran glaubten 2004 nur wenige. „Wir wollten, dass Kinder außer dem Lernen mit dem Kopf auch handwerklich praktische Erfahrungen machen können“, erklärt Daniel von Bahder. Der 49-Jährige ist der Schulleiter und war von Anfang an dabei, obwohl er ein Quereinsteiger ohne pädagogische Ausbildung ist. Stattdessen hatte er vorher als Tischler und in der Informatikbranche gearbeitet. Beim Omse e.V. sitzt von Bahder als Geschäftsführer im Vorstand.
Der Verein hatte 2003 das Gebäude der 137. Mittelschule, das benachbarte Objekt, die angrenzenden zwei Turnhallen sowie das Außengelände an der Espenstraße 5 übernommen. Hervorgegangen war er aus dem Biotop Kümmelschänke e.V., der 1990 von Mitgliedern einer Wanderzunft gegründet worden war, um die gleichnamige Gaststätte in Alt-Omsewitz zu sanieren. Seit dem Jahr 2000 unterhält der Verein einen Kindergarten, dem bis heute vier weitere folgten, und nannte sich in Omse um. Im Oktober 2003 wurde der Antrag gestellt, eine Grundschule in freier Trägerschaft zu betreiben. Am 9. August 2004 gab es die Genehmigung durch die Sächsische Bildungsagentur (SBA), am 18. die Eröffnung und am 21. die Schuleinführung – mit zehn Schülern und zwei Pädogen.
Heute sind es über 260 Schüler und mehr als 40 Leher. Der Name, der sich aus dem lateinischen „labora“ ableitet und „arbeiten“ bedeutet, ist dabei Programm: Unterrichtet wird nach einem Konzept, das sich Jenaplan nennt. Vergleichbares gebe es in Dresden nicht, sagt Omse-Sprecherin Anja Schenkel. Selbstständiges Arbeiten und Lernen sowie die Einbeziehung der Eltern sind die Kerngedanken. Die Verbindung von Fächern, praktische Übungen und die Präsentation der Ergebnisse spielen eine große Rolle. Die Lerngruppen sind altersmäßig gemischt: 24 Schüler, davon je acht aus einer Klassenstufe. Von Bahder erklärt stolz: „An den leuchtenden Augen der Kinder und den engagierten Pädagogen sehen wird das Gelingen täglich neu.“
Ein Meilenstein war der 18. Juli 2008. Da gab es den Bescheid, künftig ein genehmigtes Gymnasium zu betreiben. Seit 2009 konnten jedes Jahr 32 Kinder eingeschult werden. Dabei ist es bis heute geblieben. Inzwischen gibt es mehr Bewerber als Plätze, erklärt Schenkel. Zwei Kinder von Jens Stareprawo wurden angenommen. „Bei der Schulwahl war uns wichtig, dass unsere Kinder lernen, sich unabhängig vom Zensurendruck selbstständig Wissen anzueignen und ihre eigenen Lernstrategien zu entwickeln“, sagt der Vater.
Etwas holprig geht die Sanierung voran. Zwar hat das Lerngebäude inzwischen neue Fenster und auch die Fassade strahlt seit Kurzem schön bunt. Drinnen versprühen dagegen die Treppenaufgänge sowie Toiletten, dazu das benachbarte Werkhaus genau wie die zwei Turnhallen und Teile des Außengeländes noch jede Menge DDR-Charme. Obwohl die Eltern Schulgeld zahlen, fehlt es für eine Komplettsanierung am Finanziellen. Trotzdem soll in den nächsten Jahren einiges passieren.
„Die Laborschule hat sich in Gorbitz etabliert“, sagt SBA-Sprecherin Katrin Reis. Die staatliche Einrichtung steht alternativen Lernkonzepten eher skeptisch gegenüber, trotzdem ist die Schule inzwischen anerkannt. In Dresden seien zwölf der 80 Grundschulen und acht von 25 Gymnasien in freier Trägerschaft. Die Abschlussprüfung legen die Laborschüler allerdings an kommunalen Schulen ab. Mit Erfolg, wie jetzt Ergebnisse der Realstufe zeigen.
Festempfang: heute, 10 Uhr, Aula der Laborschule