Lärm macht Tausende Dresdner krank

Dresden. Etwa 40.000 Menschen sind in Dresden in ständiger Gefahr. Sie müssen rund um die Uhr so viel Lärm ertragen, dass ihre Gesundheit darunter leiden kann. Meistens wohnen sie an einer Hauptverkehrsstraße. Der Krach, den Fahrzeuge machen, ist die Nummer 1 untern den Lärmbelastungen. Aber auch leisere Fahrzeuge können auf die Nerven gehen, selbst die leisen Dresdner Straßenbahnen.
Ein Lärmrundgang durch die Neustadt hat das deutlich gemacht. Dazu hat das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) eingeladen. Anlass war der bundesweite „Tag gegen Lärm“. Am Mittwoch fand er zum 22. Mal statt.
Geräusche kann man nicht einfach überhören
Es kommt beim Lärm nicht einfach nur auf die eigene Einstellung an. Matthias Rothe vom Umweltamt der Stadt warnt: „Man kann sich nicht daran gewöhnen.“ Es sei zwar möglich, eine Einstellung zu haben, bei der man Lärm nicht so schnell wie andere Menschen als belastend empfindet. Aber: „Lärm macht krank, auch wenn man sich positiv darauf einstellt.“ Das betrifft vor allem Verkehrslärm. Kleine Änderungen können ihn dämpfen.
Erfolgreicher Test für Flüsterasphalt in der Neustadt
Auf der Hechtstraße, etwa zwischen Buchenstraße und Hansastraße, läuft ein Test mit Asphalt, der die Rollgeräusche von Autos dämpft. Mehrere Abschnitte sind mit Asphaltschichten bedeckt, die zum Teil in anderen Bundesländern verwendet werden und eine besonders gute Dämpfung versprechen. Nicht alle sind gleich gut haltbar, zeigen Risse und Ausbrüche. Die Gullydeckel haben spezielle Asphaltringe und klappern nicht so schnell, wenn ein Auto darüber fährt. Keine dieser Test-Straßendecken darf bisher deutschlandweit verwendet werden, nur auf Teststrecken sind sie erlaubt. Ein erfolgreicher Versuch, sagt Andreas Rink vom LfULG. Am Anfang war die Straße damit zehn Dezibel leiser als zuvor – eine Halbierung des Lärms.

Bebaute Straßenränder sind besser als Grünflächen
Innenhöfe sind leiser als Straßenfronten. Das ist keine Überraschung und deshalb begrüßen die Lärmexperten aus dem Umweltamt, wenn Baulücken an Straßen geschlossen werden. „Das wirkt wie eine bewohnte Lärmschutzwand“, sagt Rink zu dem Wohnhaus, das gerade am Bischofsplatz entsteht. Allerdings müssten natürlich Bäder und Küchen auf die Straßenseiten, Wohn- und Schlafzimmer dafür auf die Hofseite.
Langsamer und flüssiger Verkehr ist besonders leise
Rink hält ein Dezibel-Messgerät in der Hand und prüft den Verkehrslärm an der Fußgängerampel auf dem Bischofsplatz. Eigentlich ist der auf dem neuen Asphalt kaum zu hören. Doch wenn an einer Ampel ein Lkw anfährt, wird es laut. 76 Dezibel zeigt das Gerät an. Das ist mehr, als dauerhaft erlaubt ist. Mit 65 Dezibel erreicht die anfahrende Straßenbahn genau diesen Grenzwert. Wenn der Verkehr langsam und flüssig rollt, verursacht er besonders wenig Lärm, erklärt der Fachmann.

Pflaster hält lange, ist aber eine akustische Qual
Die Sanierung der Königsbrücker Straße lässt weiter auf sich warten. Das grobe Pflaster muss knapp 18.000 Autos pro Tag aushalten. Besonders laut sind Laster, aber auch Pkws mit extrabreiten Reifen, wie SUVs. Sie holpern deutlich hörbar über das alte Pflaster. Das Messgerät von Andreas Rink zeigt kurz sogar 80 Dezibel an. So laut ist es in einer Dreherei, man kann sich kaum unterhalten. Eine dünne Asphaltdecke auf dem Pflaster könnte helfen, sagt Matthias Rothe. „Aber sie hält nicht lange, und danach ist das Pflaster futsch.“ Ein Beispiel dafür ist die Loschwitzer Straße. Dort löst sich der Asphalt vom Pflaster.
Den eigenen Lärm kontrollieren und reduzieren
Jeder verursacht Lärm, und ob ein Geräusch als Belästigung empfunden wird, ist von der hörenden Person abhängig. „Wir sind alle selbst Lärmverursacher“, gibt Rink zu bedenken, beim Bohren zu Hause, beim Musikhören, beim Autofahren. Den selbst verursachten Lärm bezeichnet der Fachmann als akustischen Fußabdruck, der sich auf die „Lärmlandschaft“ auswirkt. Leise ist besser, lautet sein Fazit.