Am 27. November 1953 wurde meine Mutter im St. Barbara Krankenhaus in Halle von einem Jungen entbunden. Ein gewisser Stolz stellte sich später bei mir ein, als ich erfuhr, dass ich der schwerste Säugling war, der bis dahin in dieser Klinik das Licht der Welt erblickte. Der räumliche Lebensmittelpunkt meiner Kinderjahre wurde dann die kleine Gemeinde Arzberg im damaligen Kreis Torgau. Meine Eltern hatten hier ein großes Wohnhaus mit einem ausgedehnten Grundstück. So verbrachte ich die ersten Jahre meiner Kindheit weitgehend in der Natur. Zu den Spielfreunden zählten die Kinder aus der nächsten Nachbarschaft, zu denen ich bis heute einen engen Kontakt pflege. Inmitten von Wald und Wiesen wuchs ich sehr behütet auf – zum einen, weil meine Eltern, meine Oma, meine Tante sich gut um mich kümmerten, zum anderen deswegen, weil ich ein Einzelkind blieb, meine Mutter die Hausfrauenrolle spielte und jederzeit für mich da war. Zu den vielen Spielkameraden der frühen Kindheit gehörte auch ein Langhaardackel, der dann leider Opfer eines Autounfalles wurde. Damals erfuhr ich erstmals, was es heißt, jemanden oder etwas zu verlieren, was einen festen Platz im Herzen hat. Es war mein erster Abschied, und es hat Monate gedauert, bis ich darüber hinweg war.
Tja, irgendwann kam dann auch ich in die Schule. Den Tag meiner Einschulung empfanden meine Eltern als das Ende meiner Kindheit. Ich sah das anders. Jetzt gab es zahlreiche neue Freunde, und die Freizeitbeschäftigungen wurden vielfältiger, außerdem spielten sie sich nicht mehr vordergründig auf dem elterlichen Grundstück ab. Meine erste Klassenlehrerin war eine etwas ältere Dame, Frau Stohr, vor der ich und meine Klassenkameraden damals einen großen Respekt hatten. Von der achtjährigen Schulzeit in der Polytechnischen Oberschule in Arzberg bleibt vor allem der Schulweg in guter Erinnerung. Auf der Strecke zwischen Schule und Elternhaus lag ein kleiner Lebensmittelladen, der von Otto Jonas geführt wurde. Täglich kehrten wir dort ein, setzten uns auf eine Seifenkiste, kauten Lakritze, naschten von anderen Süßigkeiten, aßen vom selbst gestampften Sauerkraut, beobachteten die Kundschaft, belauschten die Gespräche und waren somit immer auf dem neuesten Stand, das Dorfleben betreffend. Meinen Eltern verdanke ich weitgehend meinen Bildungsansatz. Sie sorgten dafür, dass Bücher ins Haus kamen, sie lasen mir vor und brachten mir auch bei, Bücher in altdeutscher Schrift zu lesen, eine notwendige Voraussetzung, um die Karl-May-Sammlung im elterlichen Bücherschrank erschließen zu können.
Mit Beginn der Klassenstufe 9 wechselte ich dann zur EOS „Ernst Schneller“ nach Torgau. Erinnerungen aus jener Zeit bilden kaum den Unterricht, eher den außerunterrichtlichen Bereich ab. Höhepunkte des Tages waren jetzt die ausgiebigen Skatrunden in der Kneipe „Germer“ in der Fischerstraße. Rückblickend empfinde ich die Schulzeit als abwechslungsreiche, interessante, unterhaltsame und weitestgehend konfliktarme Zeit, an die ich mich mit großem Vergnügen immer wieder gern erinnere.