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„Land unter“ bei minus 15 Grad

Je kälter es ist, um so mehr Arbeit haben die Männer vom ADAC. Sie helfen gern, doch ihr guter Wille hat Grenzen.

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Von Sebastian Martin

Mist. Die Batterie streikt. Selbst das gute Zureden ignoriert das Auto von Bettina Neumann, wenn sie den Zündschlüssel umdreht. Dem alten Kleinwagen ist es bei minus 15 Grad einfach zu kalt. Mehr als Röcheln will der Motor nicht. Ausgerechnet jetzt, wo sie ihr Kind zur Schule und anschließend auf Arbeit fahren will. Da bleibt nur der Griff zum Handy. Bettina Neumann tippt die 0180 und sieben mal die Zwei.

Tut-tut-tut. Die Hotline vom ADAC ist besetzt. Erst beim zehnten Versuch wird sie durchkommen. „Land unter“ heißen Tage wie diese bei den gelben Engeln. Tage, an denen die Hotline überlastet ist, weil die Witterungsbedingungen so extrem sind, dass im Minutentakt irgendwo in Deutschland ein Fahrzeug liegen bleibt – auch im Gebiet zwischen Bischofswerda, Radeberg, Kamenz und Neustadt, für das das Autohaus Walther in Arnsdorf den Service übernimmt. Ab Burkau auf der Autobahn oder ab Demitz-Thumitz auf der B6 helfen die Kollegen vom Bautzener Pannenservice Razeng – wobei die Grenzen fließend sind, sagt Geschäftsführerin Karin Walther.

Permanent blinkt und klingelt ihr Bildschirm an diesem Februartag. Es ist das Zeichen für einen neuen Auftrag aus der Zentrale in Genshagen bei Berlin. „Springt nicht an, Anlasser tot, Kontrollen ok“, steht auf dem ausgedruckten Formular. Dazu die Telefonnummer von Bettina Neumann. „Können Sie im Warmen auf uns warten“, fragt Karin Walther. Denn eine Stunde wird es mindestens dauern, bis der Pannenservice vor Ort ist. Das ist vergleichsweise schnell.

In diesen Tagen kann es schnell drei bis vier Stunden dauern, bis Hilfe eintrifft. Wenn dazu noch Schnee liegt, können es sogar sechs bis sieben Stunden werden. „Beim Pannenservice haben die Fahrzeuge Priorität, bei denen Gefahr in Verzug besteht“, sagt Karin Walther. Sie meint Autos, die einen Unfall hatten, auf der Autobahn liegen geblieben sind oder in denen Kinder sitzen.

Dann greift die 49-Jährige wieder zum Hörer, um ihren Mitarbeiter Martin Machwitz zu informieren. Der junge, sportliche Mann war gerade in Pulsnitz Starthilfe geben – bei einem Auto, bei dem er am Vortag schon mal die Motorhaube geöffnet und die Starthilfekabel an die Batterie geklemmt hat. „Ich verstehe nicht, warum man die Batterie nicht sofort in der Werkstatt hat wechseln lassen. So entstehen unnötige Wartezeiten“, sagt der 24-Jährige, während er auf dem Weg zu Bettina Neumann ist.

Eingefrorener Dieselfilter

Martin Machwitz hofft, dass es nur ein leichter Einsatz wird. Denn nicht immer kann der ADAC sofort helfen. Zwar haben die gelben Engel im Notfall verschiedene Zündkerzen oder Keilriemen für die gängigen Autotypen dabei. Aber manch ein Autofahrer vergisst, dass der ADAC keine rollende Werkstatt, sondern ein Pannenservice ist, erklärt der Neustädter, der an Tagen wie diesen schon mal 800 Kilometer unterwegs ist. Wie alle anderen Fahrer auch.

Nach zehn Minuten Fahrt trifft Martin Machwitz bei Bettina Neumann ein. „Ich bin da“, gibt er der jungen Mutter am Telefon Bescheid. Die hat inzwischen ihr Kind zu Fuß zur Schule gebracht hat und wartet in ihrer Wohnung auf den ADAC. Sie hofft, endlich zur Arbeit fahren zu können.

Die junge Mutter hat Glück. Der streikende Motor springt plötzlich an, als Martin Machwitz den Zündschlüssel umdreht. „Der wollte wahrscheinlich nur mal das gelbe Auto sehen“, scherzt der Service-Mann. Schnell erledigt er mit Bettina Neumann noch den Schreibkram und weiter geht’s – für beide.

Bei Karin Walther im Autohaus in Arnsdorf sind inzwischen schon die nächsten Aufträge auf dem Bildschirm eingegangen. Weit über hundert werden es am Ende des Tages sein. Jetzt braucht sie einen Fahrer, der einem Auto in Großharthau hilft, bei dem der Dieselfilter eingefroren ist und der in eine Bischofswerdaer Werkstatt abgeschleppt werden soll. Ebenfalls ein Klassiker an extrem kalten Tagen wie diesem – genauso wie zugefrorene Türen.

„Die Leute sollten immer ein Enteisungsspray in der Jackentasche haben“, rät Karin Walther, die trotz der vielen Aufträge locker bleibt. Denn Hektik helfe an so besonders arbeitsreichen Tagen überhaupt nicht, sagt sie. Auf ein Wort