Von Jane Pabst & Antje Steglich
Thomas Birkner grinst. Der stellvertretende Feuerwehrleiter der Ortswehr Röderau schaut auf das Wasser, das sich unter der Eisenbahnbrücke der Zeithainer Straße sammelt. Am rechten Rand sind zwei Reihen Sandsäcke aufgeschüttert. „Rechts ist für die Halbschuhe, links ist für die Gummistiefel und in der Mitte für die Sandalen“, sagt er scherzend. Dabei ist die Lage im Ort alles andere als erfreulich. Besonders auf der Riesaer Straße.
„Schauen Sie sich das Elend an“, sagt der Feuerwehrmann und deutet mit seinem Kopf in Richtung Dorfplatz. Dort stehen Grüppchen von Menschen zusammen, schauen gebannt auf die Riesaer Straße. Die komplette Fahrbahn samt Häuserzeile steht unter Wasser. Man hört das Surren der Pumpen. „Die sind alle noch in ihren Häusern geblieben“, sagt ein Röderauer. Der Klempner zeigt auf die Einbuchtung der Bushaltestelle. „Bis hierhin stand das Wasser noch bis vor Kurzem“, sagt er. Nun ist noch die Kreuzung Promnitzer/Ecke Riesaer Straße überflutet. In schwarzen Gummistiefeln watet eine Bewohnerin der Riesaer Straße durch das Wasser. „Wir haben nichts mehr zu essen, versuchen, mit dem Pkw hier durchzufahren“, sagt sie angespannt. Eine andere Bewohnerin steht ebenfalls in Gummistiefeln vor der Bushaltestelle. Sie blickt hinüber zu ihrem in sattem Orange gestrichenen Haus auf der Riesaer Straße Nummer 2. „Eine Versicherung haben wir nicht mehr“, sagt sie. Im Keller steht schon das Wasser. „Auch, wenn man diesmal mehr Zeit hatte, alles in die oberen Geschosse zu räumen. Wir leben ständig in der Angst, wenn es mal längere Zeit regnet“, meint sie und stapft in ihren Gummistiefeln davon. Von diesem wasserdichten Schuhwerk hingegen hat sich Ronald Schmidt gleich befreit. Er stakst in schwarzen Badelatschen durch das braun gefärbte Wasser. Eine silberne Digitalkamera hält er in seinen Händen. „Man muss alles dokumentieren. Auch, wenn ich keine Elementarversicherung mehr habe“, sagt der Bewohner. Er ist wütend, spricht von „staatlichem Versagen“. 200 Quadratmeter Ladenfläche seines Heimelektronik-Geschäftes sind überflutet. Dort verkauft er sonst Flachbildschirme, Röhrengeräte und diverse Elektronikteile. Circa 20 Zentimeter stehe dort drin das Wasser. „Ich habe versucht, zu retten, was zu retten ging“, sagt Ronald Schmidt. Blass sieht er aus, die Haare zersaust, die Schultern hängen. „Ich habe kaum geschlafen, von früh bis abends geräumt“, erzählt der Röderauer weiter. Direkt über dem Geschäft wohnt er. „Ich habe keinen Strom und auch kein Notstromaggregat, da ich nicht damit gerechnet habe, dass hier noch mal die Flut kommt.“ Die Trinkwasserversorgung würde noch funktionieren. Mit Essen wird Schmidt von einer Freundin aus Gröditz versorgt.
Von Süden her läuft der Ort langsam voll, sagt Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos). Auf der Gohliser Straße steht schon das Wasser, man kommt nur noch mit dem Jeep durch. Ab dem Waldschlößchen richtet die Feuerwehr deshalb noch am Freitag einen Shuttle-Verkehr für die Bewohner ein. Währenddessen wird die Stelle neben den ard-Baustoffwerken massiv verteidigt. „Dort drückt das Wasser von Süden“, sagt Hänsel. Mit Sandsäcken wird der bereits vorhandene Erdwall verstärkt und erhöht, damit sich das Wasser nicht Richtung Gleise beziehungsweise bis zur Nordstraße ausbreitet. Von Süden her wird zudem die Bahnlinie gesichert. Ralf Hänsel hofft jedoch, dass dies eine reine Vorsichtsmaßnahme bleibt und die Elbfluten nicht so weit vordringen werden. Doch trotz sinkendem Pegel in Riesa bleibt die Gefahr für die Gemeinde akut. Das Wasser schwappt nach wie vor über die Deiche.