Landtag plant doppelte Diätenerhöhung

Es ist eine umstrittene Tradition: Gerade zu Beginn einer neuen Legislaturperiode wagen sich Sachsens Landtagsabgeordnete an unpopuläre Entscheidungen wie zum Beispiel die künftige Höhe ihrer Diäten und Zuschüsse. Einerseits notgedrungen, weil das Gesetz innerhalb der ersten neun Monate nach Konstituierung des Parlaments eine Überprüfung der bisherigen Politikerbezüge einfordert. Andererseits aber auch deshalb, weil der nächste Wahltag dann sehr weit entfernt ist. Da bleibt, so die stille Hoffnung, viel Zeit, um die öffentliche Aufregung zu dämpfen.
Und die ist in der Regel groß. Tatsächlich löste es in der vergangenen Legislaturperiode viel Empörung aus, als man 2015 ein neues Rentenrecht beschloss, das den Abgeordneten erlaubt, schon ab 63 Jahren ohne Abzüge ihre Renten zu genießen. Dazu kam eine willkürliche Erhöhung der steuerfreien Aufwandspauschale, die dafür sorgte, dass den Politikern seitdem jeden Monat 1.000 Euro netto mehr für persönliche Sachausgaben zur Verfügung stehen.
Bisheriges Index-Modell sorgt seit Jahren regelmäßig für Diätenplus
Nach der Wahl am 1. September 2019 hat das Sachsen-Parlament nun vor allem eine deutliche Erhöhung der Abgeordneten-Diäten ins Visier genommen – und will dafür von einem umstrittenen Verfahren zu einem womöglich noch umstritteneren Verfahren wechseln. So wurde 2010 zunächst ein Index-Modell eingeführt, mit dessen Hilfe die Höhe der Grunddiäten jedes Jahr angepasst wurde – ohne, dass im Plenum extra darüber abgestimmt werden musste. Der gewählte Index orientierte sich vor allem an der Entwicklung der sächsischen Arbeitnehmereinkünfte und des Bruttoinlandsprodukts, zu einem geringeren Teil aber auch an der Höhe der Renten und der Hartz-IV-Zulagen. In der Folge kam es seitdem jeweils zum Stichtag 1. August jedes Jahr zu einer automatischen Erhöhung.
Neues Index-Verfahren startet mit zusätzlichem „Richter-Zuschlag“
Für 2020 sieht ein Gesetzentwurf der neuen Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD, über dessen Details jetzt die Freie Presse berichtete, aber eine entscheidende Abkehr vom bisherigen Verfahren vor. So soll es zwar am 1. August erneut eine Diätenerhöhung geben, allein der Anstieg hängt diesmal nicht vom bisher genutzten Index ab, sondern er wird von den drei Regierungsfraktionen vorab frei Hand festgelegt. Mit einem Diätenplus von mehr als 200 Euro werden die Landtagsabgeordneten dann mit insgesamt 6.150,93 Euro im Monat ein Gehaltsniveau erreichen, das dem eines Richters in der Besoldungsgruppe 2, Stufe 6 entspricht. Ein Anstieg, der mit dem alten Index-Modell dieses Jahr noch knapp verfehlt worden wäre. Doch dabei soll es nicht bleiben. Der Gesetzentwurf, der nächste Woche in den Landtag eingebracht wird, sieht nämlich auch vor, dass man danach jeweils zum Jahresanfang einen neuen Diäten-Index anwendet, der sich nur noch an der Entwicklung der Arbeitnehmereinkünfte orientiert. Möglich ist, dass damit die jährlichen Diätensteigerungen höher ausfallen als bisher. Erstmals soll der neue Index zum 1. Januar 2021 greifen, was für die Parlamentarier den Vorteil hat, dass sie innerhalb von fünf Monaten eine doppelte Diätenerhöhung erwartet.

Abgeordnete erhalten jährlich bis zu 120.000 Euro für eigene Mitarbeiter
Auf die zurzeit 119 Landtagsabgeordneten kommen demnächst aber noch weitere Annehmlichkeiten zu. So wird zum 1. April die erwähnte steuerfreie Aufwandspauschale, die jeder Politiker zusätzlich zu seiner monatlichen Grunddiät erhält, abhängig vom jeweiligen Wohnort des Parlamentariers auf bis zu 4.354 Euro steigen.
Tief in die Steuerkasse greift der Landtag zudem, um den Abgeordneten zusätzliche Mitarbeiter in den Wahlkreisbüros zu sichern. Gab es für deren Bezahlung bisher eine monatliche Pauschale von höchstens 6.019 Euro, soll diese nun auf 10.032 Euro steigen. Der Freistaat kommt dabei nicht nur für die Gehälter der Mitarbeiter auf, sondern übernimmt auch fällige Sozialbeiträge und Sonderzahlungen. Die jährlichen Kosten steigen dadurch von 10,8 Millionen auf bis zu 18 Millionen Euro.
Sparen will man aber auch. So soll die abschlagsfreie Rente künftig erst wieder mit 67 Jahren möglich werden. Der Haken: Das gilt nur für Abgeordnete, die nach der Gesetzesverabschiedung neu ins Parlament eintreten. Für amtierende und frühere Abgeordnete gibt es Bestandsschutz und gilt somit weiterhin die 63-er-Regelung.