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Langburkersdorfer bereiten Chronik vor

Ina Hirte wächst die Geschichte bald über den Kopf. Als sie mit anderen im November 2007 begann, zu den Langburkersdorfer Häusern Fotos und Geschichten zusammenzutragen, ahnte sie nicht, was da auf sie zukommt.

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Von Heike Sabel

Ina Hirte wächst die Geschichte bald über den Kopf. Als sie mit anderen im November 2007 begann, zu den Langburkersdorfer Häusern Fotos und Geschichten zusammenzutragen, ahnte sie nicht, was da auf sie zukommt. „Es wird aber auch immer interessanter“, sagt die 40-jährige Frau, die inzwischen einen großen Teil ihrer Freizeit in die Vorbereitung der vierten Ausgabe der Hohwaldbriefe unter dem Titel „Fenster in die Vergangenheit“ investiert.

Die Langburkersdorfer fragen schon ganz ungeduldig, wann das Buch denn fertig sein wird. Zum Jahresende soll es verkauft werden können, sagt Rico Schneider, der Vorsitzende des Förder- und Heimatvereins Schloss Langburkersdorf. „Irgendwann müssen wir einfach aufhören mit sammeln“, sagen Rico Schneider und Ina Hirte.

Doch gerade bringt Siegrid Richter noch eine Rarität: ein Kassenbuch von 1820. Es gehört zu Richters Gaststätte in Langburkersdorf. Dort hat der Vorfahre eingetragen, wer ihm wie viel schuldete. Am Jahresende wurde durchgestrichen, wer bezahlt hatte. Einige Beträge sind noch nicht durchgestrichen. „Aber es muss niemand Angst haben, dass wir noch etwas eintreiben“, sagt Siegrid Richter.

Schnappschüsse erzählen

Auch bei Ursula Kojtschke kann Ina Hirte nicht Nein sagen. Sie hat einen Stapel Fotos mitgebracht. Auf dem vom Maiumzug 1952 oder 1953 ist noch das alte Bushäuschen am Niedergericht zu sehen. „Super.“ Ina Hirte ist begeistert. Oder der Betriebsausflug der Mitarbeiter der Kunstblumenfirma Pöhlig 1960 ins Zittauer Gebirge. Ein Schnappschuss zeigt, wie sie alle am Niedergericht in den Bus stiegen. Auch beim Foto der Belegschaft der Firma Pöhlig kann Ina Hirte nicht widerstehen. „Das brauche ich auch noch.“ Die Fabrik bestand bis 1973 in dem Gebäude, in dem jetzt der Arzt Granzow wohnt und arbeitet. In der Fabrik arbeitete auch Inas Oma. So schließen sich Kreise.

Das hat Ina Hirte in den vergangenen Monaten oft erlebt. Leute wie Siegrid Richter, Ursula Kojtschke und viele andere sind da unaufhörlich sprudelnde Quellen. Ihre Geschichten tragen dazu bei, dass Zettel lebendig werden. Zum Beispiel der mit der Ankündigung des Tanzstunden-Kränzchens im Oberen Gasthof für den 13. März 1919. Was nicht darauf steht, erzählen die Frauen: Bei Tanzmeister Gustav Hommel musste jeder Bursche für jeden Tanz mit einem Mädchen ein Entgelt an den Wirt zahlen.

Die Begeisterung an der eigenen Geschichte hat inzwischen das ganze Dorf erfasst. Immer wieder wird Ina Hirte angesprochen, werden ihr neue Fotos, Geschichten, Bilder, Dokumente gebracht. „Wir machen das doch für die Enkelkinder“, sagt Ursula Kojtschke. Auch in der jetzigen Korrektur- und Ergänzungsrunde, in die unter anderem Siegrid Richter und Ursula Kojtschke einbezogen sind, ist noch kein Ende abzusehen.

Milch-Paul und Topf-Miene

„Die Originale fehlen noch“, sagt Siegrid Richter. Ina Hirte schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Aber die Originale müssen sein. Der Milch-Paul zum Beispiel, der Leierkastenmann Hermann Nitsche und die Topf-Miene.

Siegrid Richter weiß sofort ein paar Geschichten zu erzählen. Von der Topf-Miene, die mit ihrem Leiterwagen voller Töpfe über die Dörfer zog. Einmal sollte sie Strafe zahlen, weil sie am helllichten Tage Nachttöpfe verkaufte. Das war natürlich nur Spaß.

Genau wie bei den jungen Burschen, die als Soldaten verkleidet Leierkastenmann Nitsche suchten und zur Armee schicken wollten. Weil der davor Angst hatte, versteckte er sich auf dem Boden der Schule und rief von dort: „Hier ist niemand.“

Ina Hirte hat noch viel aufzuschreiben…