Langfinger mausen Langohren

Traurig sitzt Sieglinde Heinrich auf der Wiese neben ihrem Haus an der Pratzschwitzer Straße in Birkwitz, neben der 80-jährigen steht ein Kleintiergehege mit Holzhaus und Krabbelröhre.
Bis vor Kurzem tollten hier noch die zwei Zierkaninchen Möhre und Erbse herum, nun aber ist das Gehege verwaist, die beiden liebevoll „Mischgemüse“ genannten Häschen, Lieblinge von Oma Sieglinde und ihrer Enkel, sind verschwunden. Offenbar wurden sie gestohlen. „Wir haben alle furchtbar geweint und sind am Boden zerstört“, erzählt Enkel Sven Schmidt.
Es ist vermutlich nicht der erste Fall in jüngster Zeit, in dem Langfinger Langohren mitgehen lassen. Bereits in der ersten Juliwoche verschwanden die zwei Hasen Mia und Snoopy aus einem Stall, der in der Gartensparte „Gartenfreunde“ an der Rudolf-Renner-Straße in Copitz steht.
Wie die Täter vorgingen, ähnelt sich in beiden Fällen. Jeweils am Abend waren die Häschen noch da, am Morgen danach aber standen Gehege und Stall leer, die Mümmelmänner waren verschwunden. Ob die beiden Taten tatsächlich zusammenhängen, ist derzeit allerdings noch unklar, zumal bislang nur Sieglinde Heinrich den Diebstahl bei der Polizei angezeigt hat. „In diesem Fall ermitteln wir wegen Diebstahls, der Diebstahl in Copitz ist uns noch nicht bekannt“, sagt Polizeisprecher Marko Laske. Hinweise auf die Täter im Birkwitzer Fall oder Spuren, die zu den Kaninchen-Dieben führen, gebe es derzeit noch nicht. Solche Tierdiebstähle, sagt Laske, kämen in großen Abständen immer wieder mal vor, aber momentan könne man noch nicht davon sprechen, dass sich solche Taten in letzter Zeit häufen. Die Polizei habe aktuell keine Kenntnis von weiteren ähnlichen Fällen. „Es sieht aber derzeit alles danach aus, dass die Tiere in Birkwitz gestohlen wurden“, sagt Laske.

Auch Sven Schmidt ist überzeugt davon, dass Langfinger Jagd auf die Häschen machten. Am Abend des 18. Juli, so schildert er, habe seine Oma die Tiere noch gefüttert. Als sie aber am nächsten Morgen gegen halb sieben nach Erbse und Möhre sah, waren sie weg. Dass die Kaninchen selbst ausgebüxt sind, schließt Schmidt aus. Die beiden Mümmelmänner genossen den Sommer in einem kleinen Freigehege im Garten, das Gehege besteht aus einem stabilen Metallzaun, der fest im Boden verankert war, die Tür hatte Sieglinde Heinrich sorgsam verschlossen. Über diese Pforte, sagt Schmidt, können sie also unmöglich entwichen sein. Ebenso fanden sich keine Spuren, dass sich die Tiere unter dem Zaun hindurchgegraben haben. Auch nach oben konnten sie nicht weg: Oma Sieglinde hatte auf das Gatter als Sonnenschutz eine Decke gelegt, sie war mit Klammern an dem kleinen Zaun befestigt.
Einen Angriff von Fuchs oder Habicht schließt Schmidt ebenfalls aus. „Wenn sich ein Raubtier seine Beute holt, bleibt ja meist etwas zurück, beispielsweise Fellreste oder Blutspuren“, sagt er. Nichts von beiden fand sich nach der Tatnacht. Gegen einen Raubtier-Beutezug sprechen auch andere Umstände: Wie Schmidt berichtet, habe die Sonnenschutzdecke nebst Klammern am Morgen neben dem Hasengehege gelegen, die Tür des Gatters habe offengestanden, die Verankerung sei gelöst gewesen, der Futternapf samt Futter – zuvor im Gehege platziert – habe früh neben dem Häschen-Domizil gestanden.
Schmidt ist erschüttert darüber, dass die Täter offenbar sehr dreist vorgingen: Um zu dem Kaninchen-Gehege vorzudringen, mussten sie erst einmal auf das umzäunte Gartengrundstück gelangen, ehe sie die Tiere stehlen konnten. „Ich frage mich ernsthaft: Wer in aller Welt macht so etwas?“, sagt Schmidt, zumal mit den beiden Häschen die erklärten Familienlieblinge verschwanden. Die beiden, sagt er, seien sehr zutraulich und menschenbezogen. Erbse, etwa ein Jahr alt, hatte Sieglinde Heinrich gekauft, Möhre, drei Jahre alt, hatte sie aus dem Tierheim in Krietzschwitz geholt. Das Tierheim, sagt Schmidt, sei auch über den Diebstahl informiert, für den Fall, dass die Kaninchen dort eines Tages wieder auftauchen sollten. Überdies startete die Familie einen Suchaufruf über das soziale Netzwerk Facebook, bisher allerdings ohne Erfolg. „Es wäre sehr schön, wenn wir die Kaninchen wiederbekommen“, sagt Schmidt.
Häschen waren schon immer die erklärten Lieblinge von Sieglinde Heinrich, stets hielt sie welche als Haustiere. Wenn eines von ihnen nach Jahren an Altersschwäche starb, dann begrub sie sie im Garten, an jedem Grab steht ein Gedenkstein oder ein kleines Kreuz.
Einen kleinen Lichtblick gibt es aber für die Oma: Ihre Enkel haben inzwischen zwei neue Tiere gekauft. Die will Sieglinde Heinrich aber nicht mehr allein nach draußen lassen.
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