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Lasst uns über Geld reden

Jugendliche haben keine Ahnung von Finanzen, meinen zwei Dresdner. Sie gründen ein Projekt für Schüler. Und geben nicht auf, als es schwierig wird.

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© Symbolfoto: dpa

Von Marleen Hollenbach

Dresden. Es ist Dienstagnachmittag in Dresden, der Fernseher läuft. Der 16-jährige Max sitzt davor, schaut Nachrichten. Als gerade über die Börse gesprochen wird, dreht er sich zu seiner Mutter um und fragt: „Kannst du mir die Börse erklären?“ Seine Mutter heißt Silke Hohmuth und ist Bankerin. Sie überlegt kurz, muss aber trotz ihres Berufes eingestehen: „Nein, dass kann ich leider nicht.“ Sie empfiehlt ihm aber einen Börsenexperten, „den er dann auch prompt ausgefragt hat“, erzählt sie.

Die Szene liegt Monate zurück, doch Silke Hohmuth erinnert sich noch gut daran. Es war der Moment, in dem sie ins Grübeln kam. Was, wenn noch mehr Jugendliche etwas über Finanzen wissen wollen, wenn noch mehr junge Leute Fragen zum Thema Geld haben? Ihr Sohn jedenfalls wollte damals mehr wissen. Sie schickte ihn zu befreundeten Bankern. Bis er nach einem Gespräch nach Hause kam und sagte: „Ich will nicht mehr mit Bankern über Finanzen, sondern mit Menschen über Geld sprechen.“ Spätestens da wusste Hohmuth, dass sie Schülern etwas über Geld beibringen möchte.

Gemeinsam mit dem ehemaligen Finanzberater Martin Schneider gründete sie im August den Verein Mensch-Bank. Ihr erstes Ziel: Herausbekommen, was die jungen Leute interessiert. Schneider fragte nach, unterhielt sich mit ihnen. „Natürlich wollen die Jugendlichen wissen, wie sie ihr Geld vermehren können. Aber es hat sie auch interessiert, wo Geld eigentlich herkommt“, erklärt er. Schnell hatte er eine Vision im Kopf, den Banker schon vor Augen, wie er mit Krawatte und Anzug vor der Schulklasse steht. Wie er mit ihnen über Geld spricht, über die Geschichte, aber auch über die Zukunft, über bargeldloses Bezahlen, über Zinsen und über den Euro. Objektiv, ohne für seine Produkte zu werben. Und ohne den Jugendlichen gleich ein Konto bei seiner Bank einzureden.

Die Idee war geboren. Doch die Umsetzung gestaltete sich schwieriger als gedacht. Je konkreter das Projekt wurde, umso mehr Probleme tauchten auf. Die Banker fanden die Idee an sich gut, wollten aber am liebsten ihr Logo auf alle Arbeitsblätter drucken. „Das lehnen wir natürlich ab“, erklärt Hohmuth.

Und dann waren da noch die Bedenken der Lehrer und Eltern. Der Lehrplan lässt kaum Spielraum für das Thema. Auch das Vertrauen fehlte zunächst.

„Wir mussten erklären, dass es keine Werbung für die Bank, sondern etwas Gutes für die Schüler ist“, so Schneider. Und natürlich kam die Frage der Finanzierung auf. Damit eben keine Bank allein der Sponsor ist, sammeln die Projektgründer jetzt Geld im Internet auf einer Plattform für Crowdfunding. 10 000 Euro erhoffen sie sich davon.

Fünf Gymnasien sind überzeugt

Warum sie sich den Stress antun? Die Frage ist schnell beantwortet: Aufgeben geht nicht. Beide haben ihre alten Jobs gekündigt. Martin Schneider, weil er lieber mit Jugendlichen arbeitet und von ihnen mehr zurückbekommt, als von den teilweise schlecht gelaunten Bankkunden. Auch Silke Hohmuth hat lange in der Finanzbranche gearbeitet. Vieles hat ihr daran nicht gefallen. Umso größer ist jetzt ihre Euphorie für das neue Schülerprojekt.

Fünf Gymnasien, vor allem im Raum Dresden, konnten die beiden schon von ihrer Idee überzeugen. Mit sechs Bankern treffen sie sich regelmäßig. Wenn alles gut läuft, könnten die ersten Workshops im nächsten Schulhalbjahr starten.