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Lausitzer Granit trifft böhmischen Basalt

Geld ist nicht alles. Stimmt! Doch ohne Geld ist eine vierzehntägige Werkstatt mit bildenden Künstlern eine Illusion. Aber dafür gibt es eigentlich Förderprogramme und Förderstellen, auch in Sachsen. Doch das Ringen um die Mittel ist ein jährlich wiederkehrender Graus mit ungewissem Ausgang.

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Von Helmut Schippel

Geld ist nicht alles. Stimmt! Doch ohne Geld ist eine vierzehntägige Werkstatt mit bildenden Künstlern eine Illusion. Aber dafür gibt es eigentlich Förderprogramme und Förderstellen, auch in Sachsen. Doch das Ringen um die Mittel ist ein jährlich wiederkehrender Graus mit ungewissem Ausgang. Die Organisatoren der Bildhauerwerkstatt im Steinbruch Miltitz können davon ein Lied singen.

Die Kulturstiftung Sachsen wimmelte schon am Telefon ab, nach dem Motto „Miltitz? Wo liegt denn das?“ Die zweite Quelle, der Kulturkonvent Niederschlesien-Oberlausitz, signalisiert dagegen Unterstützung. Er kann aber die Hauptlast nicht tragen. Bleibt noch die Euroregion Neiße. Die finanzierte schon die vorherigen drei Werkstätten im Sinne eines Anschubs mit jährlich regressivem Etat. Eine Verstetigung solcherart von Veranstaltung ist nicht vorgesehen. „Mach dich selbstständig“ heißt die Devise. Das mag in der Privatwirtschaft funktionieren – bei Symposien bildender Künstler gewiss nicht.

Kooperation ist hilfreich

Aber die Einladung nach Zittau ließ bei den Nebelschützer Organisatoren Hoffnung aufkeimen. Im Gespräch dort wurde klar, das nur eine andere, neue Konzeption der vierten Bildhauerwerkstatt die pekuniäre Quelle öffnen könnte. Ein zweiter Dämpfer: Der Raum Kamenz zählt zwar wie ehedem zur Euroregion Neiße, ist aber neuerdings innerhalb derselben zweitrangig eingestuft. Da kann der Optimismus schon schwinden.

Hellhörig wurden die Nebelschützer, als der Verweis auf konkrete Kooperation mit tschechischen Partnern erfolgte. Waren sie nicht auf dem Weg in die Gemeinde Hermanice bei Frydlant, dem Bronzemedaillengewinner Tschechiens im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“? Deren Internetpräsentation wies eine Fülle von Holzskulpturen im Ort auf. Das war die Lösung! Gemeinsame Workshops im jährlichen Wechsel.

Und dann waren die Gäste überrascht, als sie nach Hermanice hineinkamen. Auch hier schlängelt sich ein Bach durch das Dorf, ist gepflegter Fachwerkbau vorhanden, sind Steinbrüche in allernächster Nähe und Holzbildhauersymposien seit Jahren üblich. Dazu noch ein Bürgermeister, der nach anfänglicher Zurückhaltung dem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen wurde. Broterwerb im Ort ist rar gesät. Einzig Spiderglass, eine Glasmanufaktur mit Export nach Westeuropa und den USA sowie ein Zuchtbetrieb für Fährtenhunde (Rauschgift) sind zu erwähnen. Ihr Geld verdienen die Leute vorwiegend in Frydlant und Liberece.

Früher gaben eine Spitzenweberei und die Basaltsteinbrüche rund um den Ort vielen Einheimischen das Notwendige zum Leben. Doch gleich nach der Wende war Schluss mit Weben und Gesteinsabbau. Einst war der Ort zwecks Basalttransport per Schmalspurbahn über Frydlant mit Zittau verbunden. Nur noch Reste der Verladerampe erinnern daran. Dieser Anblick aber inspirierte die Nebelschützer zum neuen Veranstaltungsmotto „Lausitzer Granit trifft Böhmischen Basalt“.

Die Gastfreundschaft und das Interesse an Kontakten nach Deutschland, vor allem nach Sachsen, fielen den Gästen besonders auf. Es erklärt sich aus den traditionell ausgeprägten Beziehungen zwischen Böhmen und Sachsen über Jahrhunderte hinweg und einem ähnlichen Schicksal in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Am Ende des Krieges mussten alle Deutschen ihre Heimat für immer verlassen. Bürgermeister Stribrny berichtete, dass die Benes-Regierung in den von Menschen völlig entblößten Städten und Dörfern ein buntes Gemisch von ortsfremden Slowaken, Tschechen, Romas und amnestierten Kriminellen ansiedelte. Der Ort besaß keine Geschichte mehr, es gab keine gewachsene Bevölkerung und die Folgen für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Gebietes waren gravierend.

Erst heute, 60 Jahre später, bewohnt eine Generation den Ort, die dort geboren wurde, sich heimisch fühlt und auch mit der Geschichte relativ unbefangen umgehen kann. Deshalb der Wunsch nach Kontakten speziell nach Sachsen.

Dieser Wunsch wurde umgesetzt – die Bürgermeister von Hermanice und Nebelschütz unterzeichneten eine Vereinbarung für eine allseitige Zusammenarbeit, auch im Bereich Bildende Kunst.