Von Christoph Scharf
Die Polizistin hat es mir gesagt. „Wenn man mit unserem Smart unterwegs ist, wird man angelächelt.“ Ich hab es nicht geglaubt. Was soll schon dran sein an dem kleinen Flitzer, der seit einem halben Jahr durch die Altstadt-Straßen fährt? Aber Tatjana Iltzsche hat recht. Wo die Bürgerpolizistin mit dem blauweißen Coupé entlangrollt, drehen sich die Köpfe der Passanten. Manche staunen. Manche stutzen. Die meisten aber lächeln – und zücken ihre Fotoapparate. In der Gerbergasse geht das so, auf dem Markt, in der Burgstraße. Durchs offene Fenster hört man die Reaktionen. „Des is aber ä schönes Auto“, schwäbelt es.
Nach sechs Monaten kennt die Beamtin solche Sprüche über ihren Dienstwagen. „Manchmal wird man auch belächelt. Aber das ist doch besser, als wenn die Leute der Polizei aggressiv gegenübertreten“, sagt die 41-Jährige. Zumal es gar keinen Grund gibt, den Smart mit der Polizei-Aufschrift nicht ernst zu nehmen. Denn unter der kurzen Motorhaube versteckt sich ein Motor, der es in sich hat: Zwar bringt er nur 75 PS – die aber beschleunigen das Gefährt ziemlich zügig auf mehr als Tempo 120. „Für eine Verfolgungsfahrt in der Stadt reicht das allemal“, sagt die Polizistin. Aber dafür ist ihr Smart gar nicht da. Die Meißnerin soll für Sachsens Polizei testen, wie sich ein Auto mit Elektroantrieb im Alltag schlägt. Ein Versuch, der in der ganzen Direktion nur noch in Dresden und Dippoldiswalde läuft.
Ganz leicht hatte es der Kleine nicht, als er im Revier an der August-Bebel-Straße eintraf. Ohne Blaulicht sei er ungeeignet für Verfolgungsfahrten und ungeeignet für Unfallabsicherungen. Ohne Rückbank ungeeignet für die „Zuführung“ von Festgenommenen. Sechs Monate später hat der Smart gezeigt, was er trotzdem kann: Die Meißner Bürgerpolizisten zuverlässig, günstig und mit hohem Sympathiefaktor durch die Altstadt befördern. Wenn Tatjana Iltzsche zur Aufnahme von Einbrüchen muss, kann sie auf das Blaulicht gut verzichten. Ebenso, wenn sie Adressen überprüft, gesuchte Autofahrer ermittelt, Führerscheine beschlagnahmt oder mit Vorschulkindern den Schulweg trainiert.
Zuvor musste die Bürgerpolizistin dafür einen Golf oder einen Transporter beim Streifendienst ausborgen, wenn der Weg zu Fuß zu weit war. Sogar als Bus-Fahrgast traf man die Uniformierte. „Mit dem Smart geht das viel flotter – und man kommt auch problemlos in die Vorstädte“, sagt Tatjana Iltzsche. In der Altstadt selbst dagegen passt das knapp 2,70 Meter lange Gefährt auch in die kleinste Parklücke. Dafür geht es nicht immer ohne Hupen ab: „Wenn ich Fußgängern auf der Straße hinterher rolle, hören die mich sonst nicht.“
Denn der Elektromotor läuft fast völlig geräuschlos. Schaltet die Polizistin den Wagen an, ist das nur am Zucken eines Instrumenten-Zeigers zu merken. Der springt von „Off“ auf Null. Und dann rollt der Smart schon los. Bestenfalls ein leises Surren ist zu hören. So ähnlich, wie in einer modernen Straßenbahn.
Etwas lauter wird es erst, als wir über die B 101 Richtung Dobritzer Berg rollen. Am Ende der 70-Begrenzung drückt die Beamtin das Gaspedal durch – über einen kleinen Widerstand hinweg. Und schon gibt der Elektromotor volle Leistung. Die Beschleunigung drückt einen in die Sitze. Das Motorgeräusch erinnert fast an eine pfeifende Flugzeugturbine. Negativ fällt dafür ein anderer Wert ins Auge: Die Digitalanzeige der verbleibenden Kilometer. Ebengrad stand da noch 96, mit der Vollbeschleunigung errechnet der Bordcomputer jetzt nur noch reichlich 80. „Genauso ein Minus gibt es, wenn man das Gebläse anschaltet“, sagt die Bürgerpolizistin.
Für ihren Job genügt die Reichweite allerdings. Gut 120 Kilometer hält ein Akku. Mehr als 30 oder 40 pro Tag fährt die Beamtin selten. Neuen Saft gibt es über Nacht in der Garage hinter dem Revier – aus einer einfachen Wandsteckdose. 950 Kilowattstunden hat der Stromzähler dort seit Mitte Dezember gezählt. Mehr als 4 500 Kilometer kamen in derselben Zeit aufs Tacho. Umgerechnet macht das gut sechs Euro Stromkosten auf 100 Kilometer. Klingt günstig. Allerdings ist der E-Smart mit einem Kaufpreis von knapp 19 000 Euro plus monatlich 65 Euro Batteriemiete auch nicht ganz billig. Ob Sachsens Polizei sich künftig welche anschafft, entscheidet sich nach Ablauf der einjährigen Testphase: Der Smart ist nur geleast und mit blauer Folie beklebt. „Als Ergänzung für die Bürgerpolizisten wäre er eine tolle Anschaffung“, sagt Revierleiter Hanjo Protze. „Einen richtigen Streifenwagen ersetzt er allerdings nicht.“