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Lebensgut wird zur Lebensschule

Seit Monaten wird an vielen Stellen auf dem Pommritzer Gutsgelände gebaut. Nun startet ein neues Vorhaben.

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© Uwe Soeder

Von Madeleine Siegl-Mickisch

Pommritz. Wie bringt man Leben ins ehemalige Lebensgut? Mit dieser Frage beschäftigt sich Detlev Hauenschild. Seit August kümmert er sich als Projektentwickler um die Belebung des ehemaligen Lebensgutes in Pommritz. Auf dem wird seit Monaten gebaut – und das ist nicht zu übersehen. So sieht das einst eher trist wirkende Hauptgebäude des früheren Rittergutes von außen bereits sehr einladend aus. Drinnen ist allerdings zum großen Teil noch Baustelle.

Im Erdgeschoss, in den Räumen des früheren Bioladens, hat Detlev Hauenschild gerade sein neues Büro bezogen. Aber in den oberen Etagen haben noch die Handwerker das Sagen. Dort entstehen Gästezimmer. Hauenschild rechnet damit, dass wahrscheinlich im nächsten Frühjahr die ersten Gäste dort übernachten können. Er möchte das frühere Lebensgut zu einer Lebensschule machen – und damit an die Vergangenheit anknüpfen. „Hier wurde schon immer nach vorn gedacht, etwas Neues entwickelt“, sagt er und spielt damit nicht nur auf das Projekt „Lebensgut“ an.

Bereits seit 1864 hatte sich das Gut als Landwirtschaftliche Versuchsanstalt einen Namen gemacht. Hier wurden unter anderem neue Verfahren für die Landwirtschaft entwickelt. Bis heute hat eine Versuchsstation des Freistaates Sachsen auf dem Gutsgelände ihren Sitz. Besonders im Blickpunkt der Öffentlichkeit stand das Gut ab 1993, als mit Unterstützung des damaligen sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf ein Modellprojekt – eben das Lebensgut – startete. Nach einem Konzept des Philosophen Rudolf Bahro sollten neue Lebensformen erprobt werden. Doch 20 Jahre später musste der dafür gegründete Verein Neue Lebensformen aufgeben. Er konnte den Erhalt des großen Gutes nicht mehr schultern. Aber unter den Beteiligten gab es auch unterschiedliche Auffassungen über den weiteren Weg des Projektes.

Austellung zur Philospohie

2014 trat dann der Österreicher Heinrich Kronbichler auf den Plan. Der Inhaber des bundesweit tätigen Bildungsunternehmens WBS Training AG hat seitdem schon viel in Pommritz investiert. Nicht nur die frische Fassade des Gutshauses kündet davon. Auch der vor Jahren begonnene und bereits weit fortgeschrittene, dann aber lange unterbrochene Umbau einer großen Scheune konnte abgeschlossen werden. Im Mai wurde darin die Philosophie-Ausstellung Sophia eröffnet. Nebenan entstehen gerade einfache Übernachtungsmöglichkeiten für Schulklassen und andere Gruppen. In ein bis zwei Monaten sollen diese Räume fertig sein. Während dort noch gebaut wird, herrscht auch davor reges Treiben. Ein Unterstand wurde eingehaust, dort steht nun eine Saftpresse. Gerade werden die Äpfel der zum Gut gehörenden Streuobstwiesen verarbeitet. Palettenweise stehen bereits gefüllte Saftkisten bereit. Sie werden auch ins vegane Hotel nach Berlin geliefert, das Kronbichler ebenfalls gehört.

Doch auch in der Ära nach dem Lebensgut müssen in Pommritz die Weichen immer mal wieder neu gestellt werden. Angesichts der zum Gut gehörenden Flächen sollten hier eigentlich vor allem Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich Garten- und Landschaftsbau laufen. Erste Versuche gab es im vorigen Jahr, dabei entstand im Park auch ein Barfußpfad. „Aber derzeit gibt es seitens der Arbeitsagenturen und Jobcenter für solche Maßnahmen keinen Bedarf“, sagt Detlev Hauenschild. Stattdessen setzt er nun auf Vorträge, Seminare, Schulungen – die „Lebensschule Gut Pommritz“.

Interesse für MINT-Fächer wecken

Unter dem Titel „Ideenschmiede“ findet am Sonnabend eine erste Veranstaltung statt. Dann gibt der Politikwissenschaftler und Psychologe Volker Schwabe, der auch in der beruflichen Beratung tätig ist, einen „Unterhaltsamen Einblick in die Gesichtsanalyse“. Detlev Hauenschild hat ihn selbst auf einem Seminar kennengelernt und findet, das ist ein Thema, das viele interessieren könnte. Wie weiter im Beruf? Mit dieser Frage hat sich auch Hauenschild, der Maschinenbau studiert hat, schon oft beschäftigt. Nach 1989, als er sich selbst neu orientieren musste. Und in den letzten Jahren während seiner Tätigkeiten im Bereich Personalwesen und -vermittlung sowie als Dozent bei verschiedenen Bildungsträgern.

Unternehmen, die Mitarbeiter schulen oder über neue Strategien nachdenken wollen, sieht er als eine Zielgruppe für die Pommritzer Lebensschule. Unter anderem hat er die Idee für ein sogenanntes MINT-Camp entwickelt. Das soll bei Jugendlichen frühzeitig das Interesse für die naturwissenschaftlichen Fächer wecken und sie mit Unternehmen in der Region zusammenbringen, die in diesem Bereich Fachkräfte brauchen. Noch manche Idee steht auf dem Papier und wartet auf Realisierung. Pommritz ist auch für Detlev Hauenschild eine neue berufliche Herausforderung.

„Ein unterhaltsamer Einblick in die Gesichtsanalyse“ am 5. November 10 bis 18 Uhr in der Lebensschule Gut Pommritz, Ticket: 29 Euro inklusive vegetarischem Buffet und Getränken.

Anmeldung: [email protected]

www.schoen-lernen.de