Von Luise Zschörnig
Nie im Leben wollte sie Lehrerin werden. „Das war das allerletzte, was ich mir als Jugendliche erträumt hätte. Ich bin nicht gern in die Schule gegangen und hab das alles nicht so verbissen gesehen.“ Jutta Kilian streicht mit der Hand übers Haar und lacht. Offen und herzlich. „Das sag ich auch meinen Schülern so“, schiebt sie keck nach. Dass sie deshalb an Respekt verlieren könnte, befürchtet sie weiß Gott nicht. Sie kommt gut klar mit jungen Leuten.
Über den Sohn ins Geschäft
Denn wie das Leben so spielt: Lehrerin ist sie doch geworden, die gebürtige Radebeulerin. Zwar nicht ganz freiwillig. Lieber wäre sie in die Fußstapfen ihres Chemiker-Vaters getreten. Wissenschaftlich wollte sie arbeiten. Aber für das Kapitalistenkind – die Eltern hatten eine kleine Firma – fiel keiner der wenigen Studienplätze für Biologie/Chemie ab. Sie ließ sich „umlenken“ auf die pädagogische Fachrichtung Chemie/Biologie. „Ich habe es nicht einen Tag bereut“, versichert Jutta Kilian mit Nachdruck. „Lehrer ist ein wunderbarer Beruf.“ Sie unterrichtet sechs Wochenstunden am Radebeuler Lößnitzgymnasium und leitet auch im kommenden Schuljahr wieder einen Leistungskurs Biologie.
Die meiste Zeit verbringt die 56-Jährige inzwischen freilich in Großenhain. Im Januar dieses Jahres übernahm sie gemeinsam mit ihrem Mann Andreas die Geschäftsführung der Kilianair Flugbetrieb GmbH. Und ist damit Sachsens einzige Flughafen-Chefin. Wie das Leben halt so spielt... „An so etwas hätte ich auch nie im Traum gedacht“, meint die attraktive Blondine anspielend auf das Lehrer-Umlenkmanöver.
Sohn Michael hat die Eltern ins Flughafengeschäft geführt. Noch als Jurastudent mit gerade mal 24 erwarb er 2001 Anteile an der Betreibergesellschaft des Großenhainer Flugplatzes und installierte dort seine Kilianair. Ein Jahr später war er Mehrheitseigner und seit Anfang 2003 auch Geschäftsführer der Gesellschaft. „Er ist ehrgeizig. Was er sich in den Kopf setzt, macht er auch.“ Die Mama ist stolz auf ihn. „Aber der Job am Boden liegt ihm nicht so. Er ist vor allem ein guter Händler und Pilot,“ sagt Jutta Kilian. Seit sie das erste Mal mit ihm in einer Cessna geflogen ist, kann sie sein Faible für die Fliegerei noch besser verstehen. Was lag für den Sohn also näher, als die Eltern dauerhaft mit ins Boot zu holen? Michael gründete im Vorjahr die Kilianair AG, und die Eltern übernahmen deren 100prozentige Tochter, die Kilianair Flugbetrieb GmbH. „Er reist durch die Welt, und wir betreiben den Flugplatz und die Flugschule, warten die Maschinen seiner Airline, organisieren Rundflüge und sorgen uns um all die Dinge hier vor Ort“, erklärt die Mutter schmunzelnd und überhaupt nicht neidisch. Sie hat die Herausforderung mit Freude angenommen. „Es macht mir riesigen Spaß, noch einmal etwas völlig Neues anzupacken.“ Von wem wohl mag der Sohn den Ehrgeiz haben? Jutta Kilian schmunzelt. „Es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn man sieht, dass es vorwärts geht, sich entwickelt, wenn alles klappt und die Kunden und Besucher zufrieden sind.“ Sie hätten motivierte Mitarbeiter, gute Leute vom Fach, lobt die Chefin.
Sie leitet den Bereich Marketing, Verkauf, Veranstaltungen. Ihr Mann kümmert sich um die Technik und die Finanzen. „Das ist seine Welt, Technik und Zahlen.“ Ihr Ding sei das nicht, gesteht Jutta Kilian freimütig. Obwohl: Fliegen möchte sie gern können. Ihr Mann steckt mitten in der Ausbildung für die Privatpilotenlizenz. Sie hat damit angefangen. „Doch mir fehlt jetzt absolut die Zeit, um mich richtig reinzuknien. Und es genügt ja vorerst, wenn ein Geschäftsführer fliegen kann.“
Sie sprüht vor Elan und Ideen
Jutta Kilian hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Flugplatz mehr noch für Veranstaltungen zu vermarkten und zu beleben. „Es ist ein so schönes Areal.“ Und die Rundflüge über Sachsen und Berlin will sie weiter ausbauen. Neu im Angebot sind jetzt Hubschrauberflüge und Fallschirmtandemsprünge. „Die Nachfrage nimmt zu. Die Leute suchen das Besondere, die Faszination des Fliegens.“ Die 56-Jährige sprüht vor Elan und Ideen. Kurse gegen Flugangst sind ihre neueste. Freilich, in besonders stressigen Momenten fragt sie sich schon mal, warum sie sich das antut, „in einem Alter, wo andere langsam abbauen“.
Trotzdem: „Ich habe das Neue nicht angefangen, um es gleich wieder hinzuwerfen“, sagt Jutta Kilian. „Und der Lehrerberuf macht mir nach wie vor Spaß.“ Das demonstriert sie selbst auf dem Flugplatz. Schon zwei Mal organisierte sie einen „Tag des Fliegens“ für Schüler. „Irgendwann werden wir auch wieder Zeit für unsere Hobbys haben, für Sport, Natur, Studienreisen, und ganz bestimmt werden wir wieder tanzen“, ist die einstige Turniertänzerin ganz zuversichtlich.