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Letzte Steine der Kuppel werden versetzt

Dresden steht ein Großereignis bevor. Die berühmte Kuppel der Frauenkirche, die Kunsthistoriker und Architekten als „Steinerne Glocke“ feiern, steht kurz vor ihrer Vollendung. Karl-Heinz Schützhold von...

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Von Reinhard Delau

Dresden steht ein Großereignis bevor. Die berühmte Kuppel der Frauenkirche, die Kunsthistoriker und Architekten als „Steinerne Glocke“ feiern, steht kurz vor ihrer Vollendung. Karl-Heinz Schützhold von dem Dresdner Architekten- und Ingenieurbüro Ipro war gestern im Pressegespräch sichtlich zufrieden: „Der Rohbau des barocken Gotteshauses liegt im Endspurt, der Ausbau läuft mit voller Intensität. Die schwierigste Bauphase ist gemeistert. Wir haben im Rohbau drei Monate Bauvorsprung.“

23 Meter Kuppelhöhe sind versetzt. 3 355 Werksteine spannen den schönen Schwung der Kuppel, 3 355 Steine bedeuten 3 355-mal höchste Konzentration, höchste Präzision, einfühlsames Versetzen und Einpassen der Alt- und Neusteine. Knifflig war es, den Fugenverlauf dem historischen Vorbild anzupassen. Die Kuppelsteine sind in Höhe und Länge unterschiedlich. Hundertprozentige Sichtbelege vom gesamten Kuppelumfang gibt es nicht. Aber auch das ist gelöst. Mit der Vollendung der Kuppel ist eine Meisterleistung gelungen. Die Kirche erreicht jetzt 60 Meter Höhe von 91. Ende Juni will das Aufbauteam unter der Kuppel feiern.

Die Hüllen der Kuppel, die das Steinwerk über dem Hauptsims verbergen, fallen Ende August. Dann wird nach achtjähriger Bauzeit Dresdens Krone in den Stadtraum hineinwirken, der frische Sandstein honigfarben über Dresden scheinen. Schon ist der Blick auf das Ende des Aufbauwerks gerichtet, auf den Abschluss in luftiger Höhe: auf die filigrane Laterne, Haube und Kuppelkreuz. Dies wird noch einmal eine Herausforderung. Laterne und Haube sollen wieder so entstehen, wie sie nach dem Tode George Bährs nach langem Streit vollendet wurden. Die Laterne besteht aus filigranen Sandsteinsäulen, die Haube aus Holz. Sie wird mit Kupfer bedeckt. Ausgeführt wird sie zu ebener Erde auf dem Schnürboden und von einem 800-Tonnen-Kran auf die Laterne gehoben.

Auch das Innere der Kirche ist weit gediehen. Das Bildwerk des Altars ist vollendet. Die farbliche Gestaltung des Altars, des Chors, des gesamten Raumes stehen bevor. Die Ausmalung der Innenkuppel, die prächtige Bilder von Sebastian Grone schmückten, wird in nächster Zeit rekonstruiert. Ein Großteil der Aufträge ist vergeben.

Die Hälfte der Kirche ist Altbausubstanz

Das Aufbauteam legt Wert darauf zu betonen, dass es dem archäologischen Wiederaufbau treu geblieben ist. Die Rekonstruktion beziehungsweise Reparatur der Fundstücke, die wieder in der Fassade der Kirche verwendet werden sollten, begann 1995. Sie wurde vor wenigen Tagen abgeschlossen. Ursprünglich hatten die Enttrümmerer etwa 10 000 wieder verwendbare Fundstücke aus dem Trümmerberg zu bergen gehofft. Das Ergebnis fiel schmaler aus. Rund 7 000 Fundstücke der Fassade schienen auf den ersten Blick verwertbar.

Aber all die geborgenen Steine zu reparieren, erwies sich bald als wenig sinnvoll. Schließlich fanden 3 500 Fundstücke wieder in der Fassade ihren sichtbaren Platz. Architekt Christoph Frenzel: „Zu etwa 50 Prozent besteht die Kirche aus Altbausubstanz, also aus dem Chor, den beiden wieder eingebauten Großteilen, dem abgestürzten Westgiebel, der an historischer Stelle eingebaut wurde, der Unterkirche und dem einst in den Himmel ragende Stumpf, dem Bauteil E. 2004 soll der Steinbau vollendet sein, 2005, nach elf Jahren Bauzeit, wird das Gotteshaus am 30. Oktober geweiht.