Von Gabriela Lachnit
Ebersbach-Neugersdorf. Stefan Halang ist der Wirtschaftsförderer in Ebersbach-Neugersdorf. Zugleich ist er auch der Verantwortliche für die Tourismusförderung in der Spreequellstadt. Das heißt, er muss haushalten, um sich um jedes Fördergebiet kümmern zu können. Was er dabei bislang erreicht hat, berichtete er vor Kurzem dem Stadtrat. Die SZ fasst zunächst den Bereich der Wirtschaftsförderung zusammen.
Aufgaben: Netzwerkarbeit zwischen Firmen und Behörden ist nötig
Ohne ein gut funktionierendes Netzwerk zwischen der Stadtverwaltung sowie den Einrichtungen des Landkreises und des Freistaates kann es im Oberland keine Wirtschaftsförderung geben, sagt er. Aktuelle Aufgaben von Wirtschaftsförderer Halang sind derzeit unter anderem die Beratung von Unternehmern, die sich in der Spreequellstadt ansiedeln oder ihren Standort erweitern wollen. Er informiert sie über Fördermöglichkeiten und stellt den Kontakt zur Sächsischen Aufbaubank her. In baurechtlichen Belangen gibt er Unterstützung, aktuell zu Vorhaben in der Bahnhofstraße und in der Bergstraße in Ebersbach.
Auslastung: Gewerbegebiete sind bald voll, neue Flächen sind nötig
Die großen Gewerbegebiete der Stadt haben sich entwickelt. Während es im Gewerbegebiet Kamerun in Neugersdorf keine Flächen für die Neuansiedlungen von Firmen gibt, stehen an der Rumburger Straße noch Flächen zur Verfügung. Dort siedeln sich demnächst weitere Unternehmen an, darunter Thomas Philipps mit einem Sonderpostenmarkt, OF Stapler aus Neugersdorf und Arbeitsbühnen Lutat aus Ebersbach (SZ berichtete). Sie bauen neu, weil sie an ihren bisherigen Standorten an räumliche Grenzen gestoßen sind. Caravan Zinke agiert schon seit einigen Jahren an der Rumburger Straße. Auch dieses Unternehmen braucht mehr Platz und baut an. Derzeit führt der Wirtschaftsförderer Gespräche mit vier weiteren Firmen, die an der Rumburger Straße Flächen kaufen möchten. Dabei handelt sich um Betriebe, die in der Metall- beziehungsweise Holzverarbeitung sowie in der Metallveredelung tätig sind. Seit einigen Wochen wirbt die Stadt auf ihrer Homepage mit neuen Exposés in deutscher und englischer Sprache für die freien Flächen im Gewerbegebiet und will sie so vermarkten. Da nur noch wenige Flächen frei sind, will sich der Wirtschaftsförderer nun auch mit der Frage befassen, wie neue Gewerbeflächen zu erschließen sind.
Problem: Ausreichend Fachkräfte fehlen
Die Wirtschaft in Ebersbach-Neugersdorf brummt. Das bestätigte vor Kurzem der Beigeordnete Bernd Noack in einem Gespräch mit der SZ zu einem anderen Thema. Viele Firmen haben volle Auftragsbücher und suchen händeringend nach Fachkräften. Die gibt es aber nicht in ausreichender Zahl in der Region. Deshalb unterstützt der Wirtschaftsförderer Bestrebungen, um Schüler aus dem Oberland in der Region zu halten und sie zu einer Ausbildung bei hiesigen Unternehmen zu animieren. Der Tag der Unternehmen an der Andert-Oberschule war 2017 ein Pilotprojekt, um potenzielle Auszubildende und regionale Firmen zusammenzubringen. Das war ein Erfolg. In diesem Jahr war der Tag der Unternehmen für alle Schulen der Region geöffnet. 46 Betriebe haben teilgenommen, die Veranstaltung soll künftig jedes Jahr stattfinden. Gemeinsam mit der Stadt Zittau gab es Ende des Vorjahres den Rückkehrertag. Dabei haben sich 24 Unternehmen aus der Region mit ihren Arbeitsangeboten Männern und Frauen präsentiert, die derzeit in anderen Regionen und Ländern tätig sind. Sie sollen für eine Rückkehr in den südlichen Landkreis Görlitz gewonnen werden. Ein zweiter Rückkehrertag findet am 27. Dezember dieses Jahres in Ebersbach-Neugersdorf statt, erneut in Kooperation mit der Stadt Zittau.
Perspektive: Stadt muss Bauland für Eigenheime erschließen
Das Problem der fehlenden Fachkräfte muss auch mit dem Zuzug von geeigneten Beschäftigten gelöst werden. Die benötigen eine funktionierende Infrastruktur und vor allem attraktiven Wohnraum. Wenn das Interesse bestehe, müsse die Stadt den Zugezogenen Bauland für Eigenheime anbieten oder empfehlen. Deshalb will der Wirtschaftsförderer sondieren, wo in der Stadt Eigenheime gebaut werden könnten. Die Stadtverwaltung selbst müsse neue Eigenheimstandorte entwickeln.
Ziele: Was der Wirtschaftsförderer als seine nächsten Aufgaben sieht
Stefan Halang will das Marketing zu Ebersbach-Neugersdorf als Wirtschafts- und Lebensraum unter anderem mit einer neuen Broschüre und übers Internet betreiben. Für Fachkräfte, die in der Stadt leben wollen, sollen passgenaue Lösungen mit den Akteuren entwickelt werden, die sowohl Vier- bis Sechs-Raum-Wohnungen beinhalten als auch Mietshäuser. Denn etwa 100 Gebäude in der Stadt stehen derzeit leer. Hier sei es nötig, Hauseigentümer und potenzielle Erwerber oder Mieter zusammenzubringen. Ein Parkplatzkonzept zu beiden Bahnhöfen in der Stadt sieht Halang als Grundlage eines Leitsystems, das noch erarbeitet werden muss. Für mehr Informationen soll künftig ein Tag des offenen Gewerbegebietes sorgen. Außerdem denkt der Wirtschaftsförderer über die Einrichtung von Gründerbüros beziehungsweise von Mietarbeitsräumen nach. So will er Menschen aus der Stadt unterstützen, die den Start in die Selbstständigkeit wagen.
Wertung: Wirtschaftsförderung wird auch kritisch betrachtet
Während die Stadträte den Vortrag des Wirtschaftsförderers als positiv bewerteten, gibt es in der Spreequellstadt durchaus Kritik an der Wirtschaftsförderung. Vor allem, dass für diese wichtige Tätigkeit nur eine Teilzeitstelle vorgesehen ist, wird moniert. Mit halber Kraft könne auch nur die halbe Arbeit geleistet werden, heißt es. Anstatt die Wirtschaftsförderung auf mehrere Schultern zu verteilen, werde der Halbtags-Wirtschaftsförderer den anderen halben Tag mit der Tourismusförderung beauftragt. Das sei halbherzig, wird kritisiert. Nach weiterer SZ-Anfrage bei Unternehmern und Einwohnern in der Doppelstadt wurde unter anderem bemängelt, dass zu wenig getan werde, um neue Firmen anzusiedeln. Ebenso müsse es mehr Bestrebungen geben, Unternehmen in der Stadt zu halten. Die Abwanderung von Palfinger nach Löbau und von MS Autoteile ins Gewerbegebiet Salzenforst seien nur zwei Beispiele, wo es nicht gelungen ist, den Unternehmen attraktive Angebote zu machen, damit sie in der Spreequellstadt bleiben. Allerdings wollte keiner der Befragten seinen Namen in der Zeitung lesen. Lediglich der Ebersbacher Martin Gommlich steht dazu, dass mehr getan werden müsse, um beispielsweise die Abwanderung junger Menschen zu stoppen. „Das geht nur mit einer starken Wirtschaft, die den Menschen Perspektiven gibt“, hatte er bereits im SZ-Interview gesagt, als er im März für das Bürgermeisteramt kandidierte. Er hatte sich damals unter anderem dafür ausgesprochen, Konzepte zu entwickeln, die Handwerk und Industrie finanziell entlasten.