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Löhne im Dreiländereck gleichen sich an

Die Lebensverhältnisse im Dreiländereck werden immer ähnlicher. Ob die Veränderungen zu spüren sind, hat die SZ bei dem Liberecer Elektrokinstallateur Vitezlav Kvapil und bei Gabriela Dousova, Chefredakteurin beim Rumburker Stadtanzeiger, nachgefragt.

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Von Katja Zimmermann

Die Lebensverhältnisse im Dreiländereck werden immer ähnlicher. Ob die Veränderungen zu spüren sind, hat die SZ bei dem Liberecer Elektrokinstallateur Vitezlav Kvapil und bei Gabriela Dousova, Chefredakteurin beim Rumburker Stadtanzeiger, nachgefragt.

Dousová ist der Meinung, dass sich die Lebensumstände im Schluckenauer Zipfel in den letzten Jahren sehr verbessert haben. So sei die Qualität von Handwerkerarbeiten im tschechischen Grenzgebiet stark gestiegen. „Das Dienstleistungsangebot – also zum Beispiel Maniküre, Massage und Haarschnitt – hat sich verbessert, vor allem, weil viele Deutsche herkommen.“ Dasselbe gelte für Restaurants, Hotels, Pensionen und Tankstellen. Im Gegenzug nutzten viele Tschechen die nahen deutschen Geschäfte, um französischen Wein und Käse, Joghurt, Alkohol, Kosmetik, Schuhe und Kleidung zu kaufen. „Die Löhne sind in den letzten Jahren wirklich gestiegen – durchschnittlich verdienen Männer im Schluckenauer Zipfel nun 15000 (etwa 600 Euro), Frauen 12000 Kronen (etwa 480 Euro)“, sagt Dousová, „allerdings hangeln sich viele von Monat zu Monat oder geraten in die Schuldenfalle.“

Dasselbe kann Vitezlav Kvapil aus seiner Erfahrung bestätigen: „Durch die Krise ist die Kaufkraft der Leute gesunken. Sie sparen und investieren weniger.“ Zum Glück arbeite er seit Jahren mit einer Wohngenossenschaft zusammen, die immer Arbeit habe und diese auch bezahle. Die Zahlungsmoral in Tschechien sei nämlich sehr schlecht. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass sich solche Verfahren zu Zahlungsversäumnissen vor Gericht bis zu fünf Jahre hinziehen.“ Das ermuntere Kunden, die Rechnungen erst einmal gar nicht zu bezahlen.

Nichtsdestotrotz verdienen Kvapil und seine zwei Angestellten mit monatlichen ungefähr 30000 Kronen (etwa 1200 Euro) mehr als der Durchschnitt im tschechischen Dreiländereck (siehe Kasten).

„Wir arbeiten 13 Stunden täglich, meistens auch die Wochenenden“, sagt er. Der Verdienst könnte laut ihm sogar noch 3000 bis 4000 Kronen (etwa 120 bis 160 Euro) mehr sein, wenn die hohen Steuern nicht wären. Kranken- und Sozialversicherung würden auch viel Geld schlucken. „Als Überlebensstrategie leihen wir Elektriker in Liberec uns gegenseitig die Arbeitskräfte aus, wenn mal ein großer Auftrag kommt.“

Ein Vergleich zeigt, dass der Lohnunterschied bei Handwerkern im Dreiländereck nicht mehr sehr groß ist: Andreas Schwarzenberg, ein Elektriker aus Zittau, der einen Mitarbeiter beschäftigt, sagt: „Die Löhne haben sich bei uns geringfügig geändert. Von 7,60 Euro auf 8,20 Euro.“ Das macht bei einer Stundenzahl von 165 im Monat 1353 Euro. Auch hier sei die Auftragslage schlecht. Schwarzenberg erklärt: „ Sie ist vor fünf Jahren sehr eingebrochen, hat sich jedoch im letzten Jahr ein wenig stabilisiert.“

Kvapil weiß aus seinem Bekanntenkreis, dass die polnischen Unternehmen ähnliche Bedingungen vorfinden wie in Tschechien.

Hausbau wegen hoher Mieten

„Auch die Mieten sind in den letzten Jahren sehr gestiegen“, schätzt Kvapil ein. Für eine Dreizimmer-Wohnung bezahle man in Liberec etwa 7000 Kronen (etwa 275 Euro). Das sei fast die Hälfte des zu Verfügung stehenden Geldes.

Im Schluckenauer Zipfel beträgt die Miete für so eine Wohnung etwa 6000 Kronen (rund 240 Euro). „Viele Familien bauen sich aber lieber Einfamilienhäuser und die Älteren ziehen in kleinere, billigere Wohnungen.“