Sachsens Ärzte sollen mehr Geld bekommen. Doch eben nicht alle, weshalb gestern vor allem Haut- sowie Kinder- und Jugendärzte sowie Gynäkologen streikten und in Dresden protestierten. Das Geld wird nämlich nach komplizierten Kriterien verteilt. Deshalb gibt es neben Gewinnern auch Verlierer. Einer von ihnen ist der Lohmener Hausarzt Dr. Thomas Heißner.
Die Patientin ist erschrocken und enttäuscht
Karin Hauschild benötigte nach einem Krankenhausaufenthalt Thrombosespritzen und musste zum Fädenziehen. Dazu ging sie zu ihrem Hausarzt Thomas Heißner. Da erlebte sie, was sie sprachlos machte. „Er sagte zu mir: Übrigens, für sie bekomme ich heute kein Geld mehr.“ Karin Hauschild wurde zwar behandelt, verließ die Praxis aber, ohne gewagt zu haben, ihre Fragen zu stellen. „Ich verstehe ja den Druck, den die Ärzte haben, aber den können sie doch nicht auf mich als Patientin abwälzen.“
Der Hausarzt ist verärgert über falsche Versprechen
Thomas Heißner tut es leid, dass er die Patientin, die in dem Quartal zum fünften Mal kam, enttäuschte. Er wollte einfach auf die Situation aufmerksam machen. Seine Reaktion sei ein Zeichen für den Frust, den er und viele Kollegen derzeit haben. Er habe Frau Hauschild keineswegs vor den Kopf stoßen wollen. „Und ich werde auch in Zukunft keinen wegschicken.“
Den vierfachen Vater belastet, dass er zunehmend mehr Geschäftsführer als Arzt ist. Die zu Jahresbeginn in Kraft getretene neue Honorarverordnung für Ärzte bedeutet für Heißner 15 Prozent weniger Lohn. Er gehöre zu dem einen Drittel, das durch die neue Regelung verliert. Sein Problem: Er hält viel Technik vor, hat viele ältere Patienten. Pro Patient bekommt er als Hausarzt derzeit 38 Euro im Quartal, egal wie oft der Patient in die Praxis kommt. Von Hausbesuchen ganz abgesehen. Dafür gibt es gar kein Geld, sagt Heißner.
Deshalb, und weil das Honorarsystem für ihn so nicht tragbar ist, hat er bereits gegen seinen zu erwartenden Honorarbescheid Widerspruch eingelegt. Grundlage ist eine Hochrechnung seiner Leistungen. „Nein, wir nagen nicht am Hungertuch“, sagt Heißner. „Doch mich ärgert, dass man uns im Schnitt 18000 Euro mehr versprochen hat.“ Mit so viel hätte er gar nicht gerechnet. Aber dass er nun weniger bekommt und am Ende noch umsonst arbeiten soll, das will er dann auch nicht einsehen. Doch anders als fast auf den Tag genau vor drei Jahren ist Heißner gestern nicht mit nach Dresden zum Ärzteprotest gefahren. Stattdessen hat er Hausbesuche gemacht.
Patientin und Arzt fragen sich, wo das Geld bleibt
Seit Jahresanfang zahlen wir einen höheren Beitrag an die Krankenkasse. Da fragt sich Patientin Karin Hauschild genauso wie Hausarzt Thomas Heißner, wo denn das Geld bleibt, wenn es nicht bei den Ärzten ankommt. Eine Frage, die auch die kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) nicht beantworten kann. „Grundlage für die Verteilung sind die Vorgaben des zentralen Bewertungsausschusses“, sagt KVS-Vorstandsvorsitzender Klaus Heckemann. Gleichmacherei ohne Beachtung regionaler Unterschiede wirft er dem Bund vor.