Von Thomas Staudt
Alle 60 Kinder der AWO-Kindertagesstätte „Haus der kleinen Entdecker“ hatten sich versammelt, um das wortwörtliche Paradox in Empfang zu nehmen: „die hölzerne Eisenbahn“. Die Übergabe geriet zur Osterüberraschung, denn die Kinder waren ahnungslos und wussten nicht, was sie erwartete. „Immer, wenn das orange-farbene Auto auf unseren Hof fährt, bekommen wir etwas Neues“, ließ Leiterin Monika Mai die Spannung vor versammelter Mannschaft weiter steigen. Dann packten Holger Seifert, Uwe Züschner, Bernd Putzger und Alexander Kind von der AWO-Projektwerkstatt Radeberg zusammen mit Leiter Dietmar Günther die Lok mit dem Kohlentender aus. Die fünf Waggons standen schon bereit und wurden sofort in Besitz genommen. Tatsächlich reichten die Plätze auf dem gut fünf Meter langen Zug für fast alle Kinder, die jüngsten behielten sowieso ihren Platz im Wägelchen. Heiß begehrt war selbstverständlich die Lok, außerdem die ersten Plätze ganz vorne auf den Waggons. Und so füllten sich ein paar der ansonsten leuchtenden Kinderaugen mit Tränchen, die Erzieherin Katrin Böhme mit Gitarre und dem passenden Lied auf den Lippen zusammen mit ihren Kolleginnen einfach wieder wegsang. Bei „Wir fahren mit der Eisenbahn“ verflogen die kleinen Sorgen zusehends.
Ein perfekter Vorostertag
Der neue Zug war der zweite Höhepunkt für die kleinen Entdecker an diesem österlichen Morgen. Begonnen hatten sie ihren Kindergartentag mit einem zünftigen Osterfrühstück. Was da auf den Tisch kam, hatten die Kinder teilweise selbst mitvorbereitet. Am Vortag durften sie bei der Zubereitung des Osterkuchens tatkräftig mithelfen. Anschließend wollte sogar der Osterhase persönlich vorbeischauen. Wie man hört, soll er etwas dagelassen haben. Gesehen hat ihn wie immer keiner. Angesichts der Wärme und dem weißblauen Himmel also alles in allem ein rundum gelungener Tag.
In dem Gemeinschaftswerk der fünf Ein-Euro-Jobber von der AWO-Projektwerkstatt Radeberg steckt viel Arbeit. Etwa einen Monat sägten, lasierten und schraubten sie oder bastelten liebevoll an den zahlreichen Details, die erst auf den zweiten Blick ins Auge fallen. Ein kleines Glanzstück ist der Führerstand der Lok, die den stolzen Namen Lukas trägt – frei nach Michael Endes Kinderroman „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Das Armaturenbrett verfügt über Schalter für die Bremsen, einen zum Öffnen und Schließen der Türen und einen zur Regulierung des Tempos sowie eine Hupe. Die Kinder brauchen sich nicht darüber zu ärgern, dass die Technik nicht funktioniert. Im kindlichen Spiel werden die Attrappen automatisch zur immer einsatzbereiten Hightech-Ausstattung. Echt dagegen ist die Messingglocke, die außen an der Lokomotive angebracht ist. Einen ganzen Monat hat Holger Seifert für das Schmuckstück gebraucht. Ganze vier Mann brauchte es, um die Lok aus Lärchenholz vom orangenen Lieferwagen an Ort und Stelle zu wuchten.
Als Nächstes wünschen sich die Kinder, aber auch die Erzieherinnen Holzpferde von der Projektwerkstatt. Sie sollen noch vor dem nächsten Osterfest im Garten der kleinen Entdecker stehen.