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Luft-Flotte für einen Euro

Nach Übernahme der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Deutsche BA wird Textilunternehmer Hans Rudolf Wöhrl voraussichtlich selbst Chef des Unternehmens.

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München. „Hans Rudolf Wöhrl wird das Ruder sicher direkt in die Hand nehmen“, sagte ein Sprecher der Deutschen BA (DBA) gestern in München. Bis zum offiziellen Übernahmetermin am 1. Juli werde er sich bereits in das Geschäft einarbeiten. Der Aufsichtsratschef der Modehauskette Wöhrl hatte die Fluggesellschaft am Montag für den symbolischen Kaufpreis von einem Euro von der Muttergesellschaft British Airways übernommen (die SZ berichtete gestern).

Die rund 800 Arbeitsplätze sind laut DBA durch den Besitzerwechsel gesichert. Veränderungen für die Mitarbeiter werde es nicht geben versicherte Wöhrl. „Ich kenne die Mannschaft seit Jahren und weiß deren Leistung zu schätzen“. Er sei angetreten, der DBA eine faire Chance für die Zukunft zu geben. „Das setzt allerdings die Bereitschaft zu einem radikalen Umdenken voraus“. Es werde keine Anweisungen aus London mehr geben. Wöhrl will das Unternehmen so schnell wie möglich in die schwarzen Zahlen führen. Sobald dies gelungen ist, will er auch Mitarbeiter und Investoren finanziell an der Airline beteiligen.

Seine Strategie will Wöhrl im Juli bekannt geben. Der leidenschaftliche Pilot hatte angekündigt, dass die Airline künftig keine Tickets zu Dumping-Preisen anbieten werde. Ob dies die Abkehr von der Strategie des Billigfliegers bedeute, blieb offen. Zugleich gab Wöhrl ehrgeizige Ziele vor. So sollen binnen zwölf Monaten die Produktivität um 20 Prozent und die Erträge um zehn Prozent steigen. Ab dem Winterflugplan seien neue Linien zu europäischen Metropolen geplant.

Die Vereinbarung vom Montag sieht vor, dass British Airways bis zu 35 Millionen Euro in die DBA investieren wird. Zudem garantiert British Airways für ein Jahr die bestehenden Leasingverträge der Flotte – monatliche Kosten drei Millionen Euro. Im Gegenzug erhält British Airways bis Juni 2006 ein Viertel aller Gewinne. Bei Verkauf der DBA gehen 25 Prozent des Erlöses an British Airways. Der Eigentümerwechsel werde keine Auswirkungen auf den Flugbetrieb haben, auch für die Kunden werde sich nichts ändern, hieß es. Alle Flüge würden planmäßig durchgeführt, Tickets blieben gültig.

Wöhrl gilt als Regionalflugpionier in Deutschland. 1974 gründete er den Nürnberg Flugdienst NFD, der zunächst Charterflüge für Geschäftsreisende anbot, später auch Linienverbindungen. Ende der 80er Jahre beteiligten sich Karstadt und Air Europe. Als Air Europe in Schwierigkeiten geriet, kaufte Wöhrl die Anteile zurück. Die Karstadt-Aktien übernahm Albrecht Knauf, Eigner der Dortmunder Fluggesellschaft RFG. Nach der Sanierung verkaufte Wöhrl seine Anteile an Knauf, der NFD mit RFG zur Eurowings verschmolz.

Wöhrl hatte 1970 mit seinem Bruder die Modehaus-Kette von den Eltern übernommen und ist seit Umwandlung des Unternehmens in eine Familien-AG 2002 Aufsichtsratschef. Die Kette hat rund 40 Filialen – so in Dresden, Plauen, Zwickau und zwei in Leipzig. Der letzte Umsatz lag bei 350 Millionen Euro. (SZ/dpa/vwd/AP)

www.flydba.de