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Lungenentzündung macht keine Sommerpause

Durchs Schwitzen kann man auch bei Hitze erkranken. Dann braucht der Körper  schnell Antibiotika. Der Bautzener Chefarzt Dr. Frank Weder erklärt die Behandlung.

Von Irmela Hennig
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Eine Lungenentzündung sitzt, anders als eine Erkältung, tief in den Lungen und kann mit einer Röntgenaufnahme nachgewiesen werden.
Eine Lungenentzündung sitzt, anders als eine Erkältung, tief in den Lungen und kann mit einer Röntgenaufnahme nachgewiesen werden. ©  Wolfgang Wittchen

Herr Dr. Weder, es gibt so einige vielleicht auch falsche Vorstellungen zur Lungenentzündung. Eine lautet: Eine Lungenentzündung bekommt man nur in der kalten Jahreszeit?

Nein, sie ist zwar häufiger in der kalten Jahreszeit und in den Übergangszeiten, tritt aber ganzjährig auf. Man kann auch im Sommer erkranken. Zum Beispiel durchs Schwitzen bei Hitze und eine darauf folgende Auskühlung.

Eine andere Vorstellung sagt: Lungenentzündung ist eine schwere Form der Erkältung. Stimmt das?

Das kann man so nicht sagen. Eine Erkältung geht meist einher mit Schnupfen und Husten, das betrifft aber nicht die Lunge. Eine Lungenentzündung sitzt viel tiefer, richtig in der Lunge beziehungsweise den Lungenbläschen.

Wie häufig haben Sie im Klinikum in Bautzen denn mit Lungenentzündung zu tun und wie häufig ist die Erkrankung?

Im vergangenen Jahr haben wir hier in Bautzen 250 Patienten wegen einer Lungenentzündung stationär behandelt. Deutschlandweit gibt es jährlich Hunderttausende Diagnosen. Es handelt sich um eine Erkrankung, die häufig dazu führt, dass Betroffene stationär, also in einer Klinik, behandelt werden müssen. Es gibt aber auch viele Fälle, in denen die Patienten durch den Hausarzt ambulant behandelt werden. Er prüft dann zwei bis drei Tage nach Beginn der Antibiotika-Einnahme, ob und wie die Behandlung anschlägt.

Behandelt wird mit Antibiotika?

Ja, und das möglichst zeitnah. Das ist lebenswichtig. Die erste Medikamentengabe sollte schnell erfolgen, in den ersten Stunden nach der Diagnose.

Weil Lungenentzündung alles andere als harmlos ist?

Die Sterblichkeit liegt bei 15 Prozent, das ist nicht unerheblich. Im Klinikum Bautzen lag sie 2018 bei 9,43 Prozent. Das ist weniger als der Durchschnitt, dafür kann es aber viele Gründe geben – die Art und das Alter der Patienten in der Region zum Beispiel. Die Klinik befindet sich allerdings in einem Qualitätssicherungsprogramm. Dabei werden bestimmte Behandlungsaspekte erfasst und national verglichen. Mit Blick auf Lungenentzündung geht es darum, wie rasch Medikamente verabreicht wurden und ob Erkrankte durch Physiotherapie wieder mobilisiert wurden. 2018 wurde in unserer Klinik keine Abweichung von diesen Qualitätsparametern festgestellt.

Ist das Risiko zu erkranken für ältere Menschen größer?

Mit steigendem Alter und in Verbindung mit häufigen Nebenerkrankungen nimmt das Risiko zu. Auch die Sterblichkeit ist bei älteren beziehungsweise bei bettlägerigen Menschen höher. Grundsätzlich kann aber jeder eine Lungenentzündung bekommen, auch fitte 20-Jährige oder Kinder.

Wie sieht es bei Rauchern aus – ist die Wahrscheinlichkeit einer Lungenentzündung da stärker?

Menschen, die langjährig viel rauchen, sind automatisch mehr gefährdet. Denn bei ihnen liegt meist eine strukturelle Schädigung der Lunge vor. Sie haben mehr Sekret in der Lunge. Das ist ein idealer Nährboden für Bakterien.

Und Bakterien sind der häufigste Auslöser einer Lungenentzündung?

Zu 90 Prozent wird sie durch Bakterien – meist Pneumokokken, gelegentlich zum Beispiel Chlamydien oder Haemophilus – verursacht. Seltener kommen auch Viren als Ursache in Betracht.

Was sind mögliche Anzeichen für eine Lungenentzündung?

Fieber, Husten, eitriger Auswurf, Schüttelfrost und Luftnot. Bei älteren Menschen kann auch eine Verwirrtheit als erstes Symptom auftreten. Sie leiden dabei dann gar nicht unbedingt an Fieber oder Husten. Die Verwirrtheit verschwindet allerdings, wenn die Behandlung anschlägt.

Wie stellen Sie fest, ob ein Patient wirklich eine Lungenentzündung hat?

Wir machen eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs. Dabei ist die Erkrankung deutlich zu erkennen. Außerdem gibt es Blutuntersuchungen, um zu klären, ob die Bakterien ins Blut eingedrungen sind, also eine Blutvergiftung vorliegt. Und wir prüfen das Sputum, also den eitrigen Auswurf.

Kann man diese Erkrankung eigentlich mit einer anderen verwechseln?

Bei einer schweren Bronchitis gibt es zum Teil ähnliche oder die gleichen Symptome. Darum ist ein Röntgenbild wichtig, das gibt eindeutig Aufschluss.

Wonach entscheidet sich, ob ein Kranker stationär behandelt werden muss?

Dafür gibt es einen Index, dabei werden vier Punkte überprüft. Ist der Patient verwirrt? Ist der Blutdruck sehr niedrig oder die Atemfrequenz sehr hoch – bekommt der Betroffene also schlecht Luft? Und ist der Erkrankte 65 Jahre und älter. Schon wenn eine der Fragen mit Ja beantwortet wird, ist eine stationäre Behandlung nötig.

Behandelt wird mit Antibiotika ...

... die Therapie läuft über fünf bis sieben Tage. Wenn nötig, verabreichen wir den Patienten Sauerstoff, meist erfolgen Inhalationen zur Sekretmobilisation. Außerdem ist es wichtig, sie rasch zu mobilisieren. Sie sollen sich bewegen, zum Beispiel möglichst 24 Stunden nach Beginn der Medikamentengabe ihre Mahlzeiten wieder außerhalb des Bettes einnehmen. Wo nötig, können wir fiebersenkende und sekretlösende Medikamente verabreichen. Hustendämpfer sollte man nur nachts einnehmen. Denn der Husten soll von dem Auswurf befreien und damit Sekret mit Bakterienresten entsorgen.

Kann man einer Lungenentzündung vorbeugen?

Das kann man nicht. Es gibt eine Pneumokokken-Impfung, die für ältere Menschen empfohlen wird. Damit lässt sich aber nur die Schwere der Erkrankung reduzieren. Verhindert wird sie dadurch nicht. Natürlich sollte man sich fit halten, sich auch im Alter bewegen und das Rauchen vermeiden.

Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr?

Die ist nicht so hoch, kann aber nicht ganz ausgeschlossen werden. Pneumokokken kommen natürlicherweise auf der Schleimhaut der oberen Atemwege vor. Infektionen mit Pneumokokken werden also meistens nicht durch eine Ansteckung von außen verursacht, sondern entstehen aus dem eigenen Körper heraus. Nach den ersten Tagen Antibiotikaeinnahme ist die Ansteckungsgefahr nur noch minimal. Direktes Anhusten sollte man vermeiden. Auch Kleinkinder sollte man nicht unbedingt direkt mit einem Erkrankten in Kontakt bringen.