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Mancher steht eines Tages im Dunkeln da

Aktion. Morgen machen Blinde und Sehbehinderte bundesweit am „Tag des Weißen Stockes“ auf ihren Alltag aufmerksam. Etwa 500 Betroffene gibt es im Landkreis Kamenz.

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Von Ina Förster

Rund 145 000 Menschen in Deutschland sind blind oder sehgeschädigt. Allein im Landkreis Kamenz ganze 500, die eine hochgradige Behinderung haben. Und jährlich erkranken weitere. Nicht mehr hundertprozentig am Alltagsgeschehen teilnehmen zu können, ist dabei wohl die größte Angstquelle. „Der Schritt nach der Diagnose vom Arzt zu unseren Beratungsstellen, ist für manche riesig und unüberwindbar“, weiß Angela Fischer, Landesvorsitzende des Blinden- und Sehbehinderten-Verbandes Sachsen.

Beratungsstelle Kamenz lockt

Die Wallrodaerin kann dabei aus eigener Erfahrung schöpfen. „Ich bin eine so genannte Späterblindete; konnte bis 1992 noch sehen“, erzählt sie. Durch eine Augenkrankheit verlor ich nach und nach das Augenlicht.“ Seit ein paar Monaten ist es ganz dunkel um sie herum geworden und trotzdem kämpft sie wie eine Löwin für die Interessen ihrer Schicksalsgenossen. In rund 270 Landes- und Ortsvereinen ist der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) organisiert. Etwa 50 Aktive arbeiten im Landkreis ehrenamtlich an der Basis. Zum Beispiel in der Kamenzer Beratungsstelle an der Pfortenstraße. Jeden vierten Donnerstag im Monat wird im Aufenthaltsraum im Erdgeschoss des Ordnungsamtes eine Sprechstunde abgehalten. „Davor waren wir in den Fleischbänken untergebracht, aber während des dortigen Umbaus vor etwa zwei Jahren sind wir ausgezogen, bekamen die neuen Räumlichkeiten von der Stadt zur Verfügung gestellt“, so Angela Fischer.

Mehr Mitarbeit von Ärzten

Genutzt unterdessen wird die Sprechstunde mal mehr mal weniger. „Wir haben in der Regel ein bis zwei Ehrenamtler vor Ort, die Interessenten über rechtliche Belange, Nachteilsausgleich, Hilfsangebote aufklären und Kontakte zum Hilfsmittelzentrum in Dresden herstellen. Wir sind freilich keine Rechtsberatung im üblichen Sinn, aber wir können oft helfen“, sagt die 39-Jährige. Meistens nehmen die Patienten aber wie gesagt längere Anläufe, ehe sie zum Verband finden. Scham spielt eine Rolle, aber auch Unwissenheit. „Es wäre super, wenn die Augenärzte in dieser Hinsicht besser mitarbeiten würden. Denn die meisten erkranken erst im Alter und stehen dann plötzlich allein mit vielen Fragen da. In Kamenz ist Frau Doktor Hausdorf sehr zu loben. Sie ist eine, die sich in dieser Richtung wunderbar engagiert.“ Und so warten fleißige ehrenamtliche Berater, wie Bettina Gregert aus Grüngräbchen, eben manche Woche vergebens auf Kundschaft im Servicepunkt.

„Wir würden uns noch mehr Mitstreiter wünschen, die auch den Weg zu uns finden und sich organisieren wollen. Monatlich gibt es regelmäßige Veranstaltungen mit Vorträgen zu den verschiedensten Themen“, so die Vorsitzende. Als blinder oder sehbehinderter Mensch Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, die in einer aufs Sehen ausgerichteten Welt dringend nötig sind – das hat sich der Verband jedenfalls auf die Fahnen geschrieben. „Sie wissen ja: Ein Streichholz bricht schnell, viele überdauern doch einiges!“

Nächster Vortrag: 25. Oktober, 14 Uhr „Rund um alle Sicherheitsfragen“ im Schützenhaus Pulsnitz.