Von Eric Weser
Das ging ruck, zuck. Nur fünf Wochen hat es gedauert, bis die neue Montagehalle der Automations-Technik Gröditz GmbH & Co. KG (ATG) fix und fertig war. Wenn Firmenchef Ulrich Keil jedoch nicht zur Einweihung ins Gewerbegebiet III geladen hätte, dann wäre der rund 230 Quadratmeter große Anbau vielen wohl gar nicht aufgefallen. Denn er liegt gut versteckt am Stadtrand hinter dem Stahlwerk. Die neue Halle ist gewissermaßen ein Geburtstagsgeschenk, das sich ATG zum zehnten Geburtstag selbst gemacht hat.
Es war 2004, als Ulrich Keil mit seinem Team den Neustart anging, nachdem die Vorgängerfirma Metallurgie Elektronik Leipzig (MEL) aufgeben musste. MEL war nach der Wende als Privatgründung aus der Automationsabteilung des Gröditzer Stahlwerks hervorgegangen und führte den Zweig privatwirtschaftlich fort. Die Firma geriet aber wegen Zahlungsproblemen von Kunden in Schwierigkeiten, erzählt Ulrich Keil. Das machte einen Neuanfang nötig – ATG wurde gegründet.
Heute, zehn Jahre später, blickt Geschäftsführer Ulrich Keil zufrieden zurück. „Ich denke, wir haben eine ordentliche Marktposition erricht“, sagt er. Etwa 600 000 Euro Umsatz erwirtschaftet der Mittelständler. Das Know-how der Ingenieure ist gefragt – sogar weltweit. Bis nach Singapur und Brasilien haben es die ATG-Produkte geschafft. Zu den Kunden zählen Global Player wie Chemieriese Evonik oder der ThyssenKrupp. Aber was macht ATG überhaupt?
Eines der Hauptgeschäftsfelder gibt der Firma ihren Namen: die Automatisierung. Dahinter verbirgt sich die Steuerung maschineller Produktionsprozesse und ihre grafische Darstellung am Computerbildschirm. Unter anderem waren die Gröditzer für die Steuerung der Mörtelmischanlage in Zeithain verantwortlich. Vom Rechner aus lässt sich so genau einstellen, wie die Bestandteile gemischt werden und welcher Beton letztlich entsteht.
Doch ATG programmiert nicht nur Maschinen, die Mitarbeiter um Ulrich Keil bauen auch selbst welche. Vor allem Prüfanlagen. In denen wird Wasser oder Luft mit extrem hohem Druck durch Metallbauteile wie Fittings oder Armaturen gepresst, um deren Dichtheit zu erproben. Namhafte Armaturenhersteller wie Grohe oder Hansgrohe zählen zu den ATG-Kunden.
Kooperationen mit der Uni
Inzwischen entwickeln die Gröditzer neben Dichtheits- und Festigkeitsprüfständen aber auch Anlagen, mit denen die Kunden Auswirkungen von Hochspannung oder Temperaturwechseln auf Prüfteile untersuchen lassen können. Stolz ist Unternehmenschef Ulrich Keil auf Forschungskooperationen, die die ATG unter anderem mit der TU Dresden unterhält. Aber auch auf Lösungen in der Kommunikationstechnik gehören zum Produkt-Portfolio der Firma. Unter anderem werden die Mitarbeiter des Gröditzer Eigenbetriebes Abwasser über ein von ATG entwickeltes System per SMS informiert, wenn etwas mit der städtischen Kläranlage nicht stimmt.
So unterschiedlich wie die Abnehmer sind auch die Produkte von ATG. So gut wie jedes Produkt ist ein genauestens an die Kundenwünsche angepasstes Unikat. Je nach Spezifikation dauern die Planung und der Bau einer Anlage zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten. Ein einfacher, kleinerer Prüfstand kostet beispielsweise rund 20 000 Euro.
Einen Teil seiner Produkte, vor allem kleinere Anlagen, hat ATG bisher in den hauseigenen Werkstätten fertigen können. Aber die großen, teils bis zu vier Meter hohen Anlagen, mussten bisher woanders montiert werden. Doch diese Zeiten sind nun wohl vorbei: Die neue, 160 000 Euro teure Montagehalle, die in den letzten Wochen am Firmensitz entstand, macht die Fertigung von bis zu sechs Meter hohen Anlagen möglich. Noch stehen letzte Arbeiten im Außenbereich an und die Tischgarnituren von der Einweihungsfeier auf dem Betonfußboden. Aber schon wenigen Tagen werden hier Ulrich Keil und seine Mitarbeiter mit dem Bau neuer ATG-Anlagen beschäftigt sein.