Von Klaus Fiedler
Der Himmel ist wolkenverhangen. Es weht eine leichte Brise an diesem Julitag, als ich gleich nach der Kreuzung Bonnewitz-Radeberg-Dresden aus dem Graupaer Bus aussteige. Rechts leuchten in verschiedenen Farben die sanft ansteigenden Hänge des Borsberges. Der Gärtnerweg 25 ist heute mein Ziel. Ich bin gespannt auf mein erstes Treffen mit Frau Funke, Eigentümerin des Ziegenhofes in Graupa. Die Ziege Elian und der Bock Lohengrin schauen mich neugierig an. Doch die friedliche Idylle wird jäh unterbrochen vom Gebell des Hundes Hugo, der damit seiner Herrin zu verstehen gibt, dass ein Fremder den Hof betreten hat.
Mechthild Funke erzählt mir, dass ihre letzte Arbeitsstelle das Arzneimittelwerk Dresden war und sie nach marktwirtschaftlichen Strukturen „abgewickelt“ wurde. Ihr Mann, zur Wende noch in Rossendorf tätig, hatte mehr Glück. Er bekam ein Angebot, in Grenoble zu arbeiten. In dieser Zeit besuchte Mechthild Funke ihren Mann sehr oft in seiner neuen Wirkungsstätte - und „infizierte“ sich dort 1995/96 mit dem „Ziegenvirus“. „Das war kurios“, so Frau Funke, „zum ersten Mal kostete ich Ziegenkäse aus artgerechter Haltung und handwerklicher Produktion.“
Auf der Heimfahrt hatte sie dann die Idee, etwas Nützliches und Interessantes aufzubauen, etwas, was es in Graupa noch nicht gab, einen Ziegenhof. Heute würde man es eine Ich-AG nennen. Vor drei Jahren waren alle Vorbereitungen abgeschlossen, der Aufbau eines Ziegenhofes genehmigt. Laufstall, Ziegenkeller, Melkstand und Verkaufsraum, sogar die umfangreiche Fliesenlegung bewältigte die promovierte Frau und gelernte Tischlergesellin selbst. Wie heißt es doch noch immer? Handwerk hat goldenen Boden!
Angefangen hat ihre Arbeit mit zehn deutschen weißen Edelziegen. Jetzt sind es 15 Ziegen und zwei Böcke, die zum artgerechten und handwerklichen Ziegenhof gehören, auf dem folgende Kriterien gelten: Tierhaltung im Familienverband im Laufstall mit Gehege; Futtermittel sind Heu, Grünschnitt, Rüben, Hafer, Milchleistungsfutter, Futter aus umliegenden Haushalten und Grundstücken; schonende Behandlung der Milch, ohne Erhitzen, Unterkühlen, Pumpen und Pressen; handwerkliche Herstellung von Rohmilchkäse unter Verwendung standardisierter Kulturen und Lab.
Ziegenprodukte haben für Kinder und Menschen mit immunologischen Problemen und Allergien einen hohen gesundheitlichen Wert. Pro Tag werden auf dem Ziegenhof zwei Kilo Ziegenkäse hergestellt (Pfefferkäse, Camembert mit Schimmel und Gimmel, pikanter Rotschmierkäse, Feta zum Grillen). Auf Bestellung gibt es Diätkäse, mit Schabziegerklee gewürzten Frischkäse und Frischkäsebällchen in Olivenöl mit Knoblauch im Glas. Ergänzt wird das Angebot durch Ziegenmilch und Süßmolke sowie Käseplatten für Partys.
Weiter erfahre ich, „dass eine deutsche weiße Edelziege täglich bis zu drei Liter Milch gibt, das ist schon ein gutes Ergebnis. Aber die Spitzenleistung liegt bei fünf bis sieben Litern“.
Das nächste Vorhaben der Ziegenwirtin ist eine Wiese mit Ziegenfutter- und Heilpflanzen.
Besonders freut sie sich über Unterstützung der Bürger und den regen Zuspruch von Jugendlichen. Auf den Bauermärkten in Röhrsdorf, Krietzschwitz und Stadt Wehlen bietet sie erfolgreich ihre Produkte an, doch einige Produkte können wegen hygienischer Kriterien nur auf dem Hof erworben werden, so Frisch-, Rohmilchkäse und Milch.
Mechthild Funke hat sich damit abgefunden, dass Urlaub nur im Winter geplant werden kann. Dann stehen die Ziegen „trocken und geben keine Milch“. Bis dahin freut sie sich über jeden Besuch ihres Mannes.
Die Produkte der Ziegenfarm, Graupa, Gärtnerweg 25, kann man Montag bis Freitag, ab 18 Uhr, erwerben und über 03501/54 85 90 bestellen.