Von Frank Fischer
Die Veranstaltung ist ausverkauft, und was will man mehr“, freut sich Andreas Kremp. Der Direktor des Mercure Hotel fühlt sich am Sonnabend bestätigt. Sein Rezept hat offenbar den Geschmack von Leuten getroffen, die Appetit auf ein besonderes Ausgeherlebnis haben.
„Seit vorigem Jahr wollen wir unser gastronomisches Angebot in regelmäßigen Abständen mit einem Kontrastprogramm würzen, das die traditionellen Görlitzer Ballnächte wieder auferstehen lässt, und diese Rechnung ist bisher aufgegangen.“ Nach den venezianischen Nächten und dem Wiener Opernball war nun eine Ballnacht „Kubanische Lebensfreude“ an der Reihe.
Lebensgefühle, bei der sich spanische und kreolische Temperamente vereinigen, und das gibt es eben nur in Kuba. Der Veranstalter habe sich auch deshalb für dieses Land entschieden, weil dort neben den berühmten Zigarren weltberühmte Tanztraditionen entstanden sind und eine Küche zu Hause ist, von der man nur schwärmen kann, wenn der Gaumen sie probiert hat.
Originalgetreuer Sound und perfekte Tänzerinnen
Das Publikum erlebt kubanischen Rhythmus pur. Die Band „La Banda del Caribe San“ hat ihre musikalischen Wurzeln in Havanna und versprüht zum ersten Mal ihr akustisches Colorit lateinamerikanischer Musik in Görlitz. Den originalgetreuen Sound, wie er in jeder Taverne zu hören ist, zelebrieren Piano, Trompete, Bass, Posaune, Combass und Combalas.
Dazu gibt es den Auftritt des Tanzensembles „Las Morenas del Caribe“. Glutäugige Damen mit schokoladenfarbenem Hautteint, die in ihren stoffarmen Glitzerkostümen nicht nur beim Hüftschwung die hohe Kunst kubanischer Nationaltänze meisterhaft interpretieren.
Tamara, Vienn und Inwira sind sich dabei ihrer erotischen Ausstrahlung bewusst. Sie erzählen mit Hilfe der deutsch sprechenden Managerin, dass sie die Perfektion von Salsa, Rumba oder Merengue an einer berühmten Tanzschule in Kuba studiert haben. Naturtalent mache nämlich nur die eine Hälfte aus, die andere bühnenreife Hälfte müsse man sich in jahrelangen täglichen Tanzproben hart erarbeiten. Für den Abstecher von einer Welttournee sind die drei Kubanerinnen dankbar, weil hier Publikumsnähe vorhanden ist, die für jeden Tänzer ungemein motivierend sei.
Zu den Gästen des Abends gehören auch Wolfram Lorenz und seine Gattin. Obwohl beide erst vor 14 Tagen von einer Kuba-Rundreise zurückgekehrt sind, wollen sie diese karibische Nacht nicht verpassen. „Die Begründung ist ganz einfach“, verrät Wolfram Lorenz. „Uns wurde während des Urlaubs keine urwüchsige kubanische Küche serviert, weil sich die renommierten Hotels grundsätzlich auf die Essgewohnheiten der ausländischen Gäste einstellen.“ Am Sonnabend konnten beide diese Erfahrungslücke nachholen und sind begeistert vom kräftigen Eintopf aus schwarzen Bohnen, kreolischem Lamm oder Avocado mit Shrimps.
Rezepte von Betreibern der „Santa Lucia“
Für die originale kubanische Küche holte sich der Veranstalter die Rezepturen bei den Inhabern der Gaststätte „Santa Lucia“. „Das sind meine Eltern“, erzählt der gebürtige Kubaner Ornel Morales. Der junge Mann ist als Barmixer im Mercure Hotel beschäftigt und findet am Sonnabend besondere Freude an seiner Arbeit, weil er den Gästen Getränke aus seinem Heimatland, vor allem kubanischen Rum, über den Tresen reichen kann. „Dass unsere Gäste am Eingang mit einem Konterfei Gue Chevaras begrüßt wurden, hat symbolische Aussagekraft“, erklärt der Hoteldirektor. Dieser Revolutionär kämpfte trotz vieler Wiederstände beharrlich für eine bessere Zukunft.
„Und wir kämpfen mit unseren Möglichkeiten auch für eine bessere Zukunft unserer Tourismusperle Görlitz, bemüht Andreas Kremp einen fast heroischen Vergleich. Absolut happy fühlen sich Elvira und Johannes Herkner an diesem Abend. Sie feiern heute ihren 20. Hochzeitstag und könnten sich dafür keinen besseren Rahmen wünschen.
„Meine Frau liebt Kuba, und doch können wir nicht hin, wegen ihrer großen Flugangst“, erzählt Johannes Herkner. Und seine Frau fügt hinzu: „Diesen Ersatz lasse ich mir gern gefallen, weil selbst das kostümierte und geschminkte Personal kubanische Lebensfreude gut rüberbringt.“