Von Tobias Wolf
Maschinenlärm dröhnt über die St. Petersburger Straße. Baufahrzeuge rollen über den grasbewachsenen Mittelstreifen der Hauptverkehrsstraße. Ein Bagger wühlt mit einer riesigen Schaufel im Untergrund, um eine unterirdische Leitung freizulegen. Denn zwischen dem Busparkplatz hinter der Synagoge und dem Pirnaischen Platz lässt die Drewag derzeit die wichtigste Fernwärmetrasse in den Dresdner Norden erneuern.
Sie ist längst zu klein geworden für den Bedarf im Dresdner Norden. Wohnungsneubauten und Industriebetriebe, wie der Autozulieferer Federal-Mogul oder Infineon, brauchen große Mengen Heizwärme. Das Leitungsnetz in Klotzsche ist bisher wie eine Insel angelegt und verfügt über ein eigenes kleines Kraftwerk. Dessen Leistung reicht nicht mehr aus. Deshalb wird es nun mit den Heizkraftwerken auf der südlichen Elbseite verbunden. Das soll die Fernwärmeversorgung in Dresden wirtschaftlicher machen. Allerdings müssen dafür größere Rohre verlegt werden, sagt Drewag-Bauleiter Klaus Künzelmann.
Deshalb wird das alte 35 Zentimeter dicke Rohr durch eine Leitung ersetzt, die einen halben Meter misst. Mit Schweißbrennern zerlegen die Bauarbeiter die alte Gussleitung in rund sechs Meter lange Segmente, um sie aus dem Untergrund herauszuholen. „Wir graben sukzessive alles auf und schneiden die Trasse stückchenweise aus dem Boden“, sagt Künzelmann und deutet auf den aufgerissenen Fußweg am Hasenberg. Erst dann können die neuen Rohre verlegt werden. Mitte Oktober soll die rund 370 Meter lange Strecke bis zum Pirnaischen Platz wieder in Betrieb gehen. Etwa 50 Prozent mehr Fernwärme strömt dann durch die Trasse.
Bis dahin müssen die Monteure mit der neuen Leitung zwei Straßen unterqueren, weil die Fahrbahn für den Verkehr geöffnet bleiben soll. Das ist möglich, weil im Untergrund sogenannte Schutzrohre liegen, in welche die neuen Fernwärmeleitungen eingezogen werden. Auf dem Grünstreifen auf der St. Petersburger Straße wird dagegen eine Baugrube ausgehoben, um die Rohre zu verlegen.
Der besondere Clou: Die Rohre sind intelligent. Das heißt, sie sind mit Kabeln und Sensoren in der Ummantelung ausgestattet. Mit dieser Technik lassen sich mögliche Lecks künftig viel einfacher aufspüren als bisher. „Bis auf den Meter genau können wir bestimmen, wo die schadhafte Stelle ist“, erklärt Drewag-Bauleiter Künzelmann. Das spart Kosten und sorgt dafür, dass bei Havarien die nötigen Baugruben nicht zu groß geraten.
Schon beim Verlegen werde mit Röntgenapparaten gemessen, ob alle Schweißnähte wirklich dicht sind, sagt Tom Rother von der Baufirma Pfeiffer aus Dresden. „Damit lassen sich selbst kleinste Lufteinschlüsse erkennen.“ Die sind gefährlich, weil die Rohrverbindung dort rosten kann. Angeschlossen wird die neue Trasse an einen unterirdischen Raum mit Regelarmaturen, der ebenfalls neu gebaut werden muss. Mit riesigen Spezialbohrern wird dafür gerade eine Pfahlwand in den Boden getrieben, weil die Wände der Baugrube sonst einstürzen könnten.
Bis die neue Hauptleitung einsatzfähig ist, müssen die Abnehmer in der Pirnaischen Vorstadt und dem Dresdner Norden jedoch nicht auf Fernwärme verzichten. Um die Versorgung der angeschlossenen Haushalte und Firmen sicherzustellen, ist in der Gerichts-, Ziegel- und Steinstraße ein provisorisches Rohr verlegt worden. Rund 1,2 Millionen Euro investiert die Drewag in das Neubauprojekt auf der St. Petersburger Straße. Zudem plant der Versorger bereits eine zweite Leitung über die Elbe.