Von Tilo Berger
Thomas Berndt schüttelt den Kopf. „Das hätten wir nicht gedacht“, sagt der Chef der Arbeitsagentur Bautzen. Und er lächelt dabei, denn die Überraschung ist positiver Natur. Noch nie seit 1990 konnten die Arbeitsvermittler in einem August auf so viele freie Stellen zurückgreifen wie diesmal. 3 456 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in den Landkreisen Bautzen und Görlitz waren zum Monatsende unbesetzt. Allein 1 173 Stellen meldeten Firmen und Behörden im vergangenen Monat, 61 mehr als im Juli und 213 mehr als im August des vergangenen Jahres. „Das ist für den Ferienmonat August absolut untypisch“, erklärt Thomas Berndt. „Es zeigt aber, dass sich der Arbeitsmarkt in der Oberlausitz im Moment in robuster Verfassung befindet.“
Trotzdem waren immer noch 26 476 Frauen und Männer ohne Job registriert, 264 weniger als im Juli und 1 771 weniger als vor einem Jahr. Nicht mitgezählt sind die 4 457 Personen, die aktuell eine Weiterbildung absolvieren oder einen Ein-Euro-Job haben. Weitere 1 086 Oberlausitzer befinden sich derzeit in einem Praktikum und gelten ebenfalls offiziell nicht als arbeitslos.
Die Geschäftsstelle Görlitz der Agentur berichtete aktuell von 4 599 Arbeitslosen. Das waren 23 weniger als im Juli und 34 weniger als vor einem Jahr. Hier liegt Görlitz also im Trend.
Ein völlig ungewohntes Phänomen bietet sich auf dem regionalen Ausbildungsmarkt. Zum ersten Mal seit 25 Jahren sind aktuell mehr Lehrstellen frei, als es Bewerber gibt. In Zahlen heißt das: Bis Ende August baten 3 900 Jugendliche die Arbeitsagentur oder die Jobcenter der Landkreise Bautzen und Görlitz um Hilfe bei der Lehrstellensuche. Von ihnen sind derzeit noch 879 unversorgt. Gleichzeitig können die Vermittler noch auf 931 offene Ausbildungsplätze zurückgreifen. Das kommt, weil Firmen und Behörden in diesem Jahr bisher 141 mehr Lehrstellen meldeten als 2014. „Wir werden trotzdem nicht alle Bewerber versorgen können“, stellte der Agenturchef klar. „Es ist bei Lehrstellen nicht anders als bei offenen Plätzen auf dem Arbeitsmarkt: Immer steht die Frage, ob Topf und Deckel zusammenpassen.“
Die meisten offenen Lehrstellen in den beiden Oberlausitzer Landkreisen gibt es derzeit für angehende Verkäufer sowie im verarbeitenden Gewerbe.
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