Von Nicole Preuß
Das ist die Horrorvorstellung jedes Mitarbeiters und Chefs. Vor einer Woche marschierte ein Mann einfach in ein Büro des Leipziger Jobcenters und schlug mit dem Hammer auf eine Angestellte ein. Ohne Vorwarnung. Ohne Möglichkeit zur Reaktion. Die Frau kam nicht einmal dazu, das Notrufsystem zu bedienen. Der Mann verletzte sie am Kopf und am Oberkörper. Ein Besucher, der den Angreifer stoppte und festhielt, verhinderte wahrscheinlich Schlimmeres. Der Vorfall schockierte. Zumal er nicht der Erste ist. Im September 2012 erstach ein Klient eine 32-jährige Mitarbeiterin im Jobcenter in Neuss.
Nach diesen Vorfällen überlegt nun auch der Landkreis Bautzen, wie er seine Mitarbeiter in den sieben Jobcentern zwischen Bautzen und Radeberg noch besser schützen kann. Im Gespräch ist, mehr Sicherheitsleute zu engagieren. Und damit den Sicherheitsdienst auszuweiten. Aber auch weitere zentral organisierte Schulungen zur Deeskalation werden diskutiert. Schon jetzt gibt es eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen organisatorischer und technischer Art. Zu Einzelheiten will das Landratsamt nichts sagen. Zu viel Wissen darüber könnte die Mitarbeiter gefährden. Zu diesen Vorkehrungen kommen auch schon jetzt regelmäßige Schulungen. Dort lernen die Mitarbeiter zum Beispiel, schwierige Situationen einzuschätzen. Dabei spielt der Erfahrungsaustausch zwischen den Kollegen eine wichtige Rolle. Daneben arbeitet das Landratsamt eng mit der Polizei zusammen. Die Beamten analysieren mögliche Gefahren in den einzelnen Jobcentern. Außerdem unterstützen sie die Mitarbeiter auch schon mal durch das Überbringen von Hausverboten.
Die Agentur für Arbeit setzt in Bautzen und den anderen Geschäftsstellen auf einen Notruf, der über den Computer ausgelöst werden kann. Dieses Signal informiert alle Mitarbeiter in den umliegenden Büros, die dann entsprechend reagieren können. Auch Schulungen werden angeboten. Außerdem werden die Mitarbeiter dazu angehalten, keine Scheren oder Brieföffner in Reichweite der Besucher liegen zu lassen. Weil man sie damit in extremen Situationen verletzen könnte.
Beleidigungen, Drohungen, Angriffe
Die Beschäftigten sind achtsam. Auch weil sie schon Vorstufen von Übergriffen erlebt haben. „Beleidigungen und Drohungen hat es in der Vergangenheit schon gegeben“, sagt zum Beispiel Agentursprecher Swen Röder. Und auch die Mitarbeiter des Jobcenters mussten sich schon vieles anhören. So wurden einige bereits persönlich beleidigt oder verbal bedroht. „In sehr seltenen Fällen kam es zu tatsächlichen Angriffen gegenüber Mitarbeitern“, sagt Landratsamtssprecher Gernot Schweitzer. Auch Sachbeschädigungen gab es bereits. Die Folgen sind meist Hausverbote, Strafanzeigen und auch Schadensersatzforderungen. „Sofern die Situation für den Mitarbeiter nicht mehr kontrollierbar scheint, die Bedrohung massiv ist oder es zu einem tatsächlichen Übergriff kommt, wird umgehend die Polizei informiert“, sagt Sprecher Gernot Schweitzer.
Eine besondere Rolle spielen Hausverbote. Auch der Angreifer in Leipzig durfte zum Beispiel das Jobcenter eigentlich nicht mehr betreten. Weil er schon vor drei Jahren einen Mitarbeiter angegriffen hatte. Praktisch funktioniert die Durchsetzung aber auch in Bautzen nicht, weil die Klienten trotzdem beraten werden müssen. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. „Kunden mit Hausverbot dürfen das Haus nur mit fest vereinbartem Termin betreten“, sagt deshalb Swen Röder von der Arbeitsagentur. Diese Klienten werden dann von zwei Mitarbeitern beraten. Menschen, die im Jobcenter Hausverbot haben, dürfen zur zentralen Information gehen.
Prinzipiell setzen aber die Beschäftigten der Agentur für Arbeit und des Jobcenters natürlich weiter auf das persönliche Gespräch. „Der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit“, sagt Gernot Schweitzer. Auch die Arbeitsagentur will ein offenes Haus bleiben. „Gleichwohl werden die Mitarbeiter sensibilisiert“, sagt ihr Sprecher.
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