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Imkerin macht Straucher Kita-Kinder zu "Grünen Spinnern"

Auslöser war ein fünfjähriger Junge, der auf der Wiese neben dem Kindergarten keine Schmetterlinge mehr fand.

Von Jörg Richter
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Erzieherin Cornelia Fischer steht auf der Wiese hinter Kita "Am Mäusestübchen", wo "Unkraut" erwünscht ist.
Erzieherin Cornelia Fischer steht auf der Wiese hinter Kita "Am Mäusestübchen", wo "Unkraut" erwünscht ist. © Jörg Richter

Strauch. Nickende Milchsterne sind selten. Dabei handelt es sich nicht um Sterne in unserer Milchstraße, sondern um Pflanzen. Cornelia Fischer weiß, wo welche wachsen. Gleich hinter der Straucher Kita auf einer Wiese. "Aber die meisten sind leider schon verblüht", sagt die Erzieherin. Noch vor ein paar Tagen war hier ein weißer Blütenteppich zu bewundern. Nun hängen die meisten Milchsterne ihre Köpfe nach unten. 

Dass diese seltenen Pflanzen ausgerechnet in Strauch wachsen, hat seinen Grund. Hier befand sich mal ein Schloss. Viele  Adlige ließen ihre Parks mit den Nickenden Milchsternen verzieren. "Das war in der Barockzeit so Mode", erzählt Cornelia Fischer. Vor allem in Sachsen. Hier gibt es die höchste Population in Deutschland der aus Griechenland, der Türkei und Bulgarien stammenden Pflanzen.

Der Nickende Milchstern wächst im ehemaligen Straucher Schlosspark.
Der Nickende Milchstern wächst im ehemaligen Straucher Schlosspark. © Jörg Richter

Wo bis 1949 das Straucher Schloss stand, wurde 1960 der Kindergarten gebaut. Vom Herrschaftssitz geblieben sind neben den Nickenden Milchsternen ein Teil der Schlossmauer, große, alte Bäume und viele Grünflächen. Die Wiesen werden vom Großenhainer Bauhof gepflegt und regelmäßig gemäht. Doch seit geraumer Zeit wird ein Teil der Wiese in Ruhe gelassen. Und zwar bewusst.

"Wir sind gespannt, was passiert, wenn die Wiese nicht gemäht wird", erzählt Cornelia Fischer. Sie ist Hobby-Imkerin und auch deshalb der Natur sehr verbunden. Mit ihrem grünen Tick habe sie ihre Kolleginnen und vor allem die Kinder angesteckt. In der Kita "Zum Mäusestübchen", die die Diakonie Riesa-Großenhain betreibt, wird deshalb Spielen und Erleben in der Natur ganz groß geschrieben. 

Kinder sollen hier das Zusammenleben von Pflanzen, Tieren und Menschen erfahren.  Die Knirpse gestalten u.a. Rabatten und Hochbeete, pflanzen Kartoffeln an und füttern ihr Kaninchen und ihr Meerschweinchen. Die Kräuterwiese neben dem kommunalen Spielplatz ist ihr neuestes Projekt. Hier darf alles wachsen, blühen und gedeihen, was da ist. Nichts wird gesenst und gehauen. "Wir wollen dieses Stück Wiese als Lebensraum für Insekten erhalten", sagt die Erzieherin.

Tagfalter lieben Brennnesseln

Die Idee dazu kam diesmal nicht von ihr, sondern von einem Jungen aus der Kita, der mittlerweile in die Schule geht. Damals war er fünf Jahre und ein großer Fan von Schmetterlingen. Er hatte beobachtet, dass der Hausmeister die Wiese gemäht hatte und es im gleichen Sommer weniger seiner Lieblingstiere gab. 

Mehrere Arten von Tagfaltern mögen zum Beispiel Brennnesseln. Der Admiral, der Kleine Fuchs, das Tagpfauenauge und der Distelfalter legen in hier ihre Eier ab. "Die ersten drei fliegen auf alle Fälle bei uns", sagt Cornelia Fischer. Denn Brennnesseln dürfen nun wachsen, auch wenn die Wiese hinter der Schlossmauer für manchen Dorfbewohner, der vorbeikommt, auf den ersten Blick verwildert aussehe.

Trotz ähnlicher Bedenken hat das Ordnungsamt der Stadt Großenhain für die Schmetterlingswiese grünes Licht gegeben und steht hinter dem Kita-Projekt. Genauso wie der Naturschutzbund Sachsen, der es in die Aktion "Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge" integriert hat. Ein Schild weist daraufhin. 

Dieses Schild auf der Wiese hinterm Kita-Gelände weist auf das Projekt der Straucher Kindergartenkinder hin.
Dieses Schild auf der Wiese hinterm Kita-Gelände weist auf das Projekt der Straucher Kindergartenkinder hin. © Jörg Richter

Nun nimmt die Straucher Schmetterlingswiese auch am diesjährigen Ideenwettbewerb  "Grüne Spinner gesucht" teil. Er wurde vom Regionalmanagement Elbe-Röder-Dreieck initiiert. Ursprünglich sollten Bewerbungen bis Ende April eingereicht werden. Aber wegen der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie wurde die Einsendefrist bis auf den 17. Mai verlängert.  

"Es wäre natürlich schön, wenn wir bei diesem Wettbewerb einen Preis gewinnen", sagt Cornelia Fischer, "aber das ist nicht das Wichtigste. Uns geht es viel mehr um die Aufmerksamkeit für unser Ansinnen." Die Leute aus Strauch und den Dörfern ringsherum sollen sensibilisiert werden, dass es Insekten und Vögel nur geben kann, wenn man ihnen den Lebensraum lässt und Pflanzen, die hinlänglich als Unkraut bezeichnet werden, im Garten auch mal stehen lässt. "Kinder verstehen das und erzählen es ihren Eltern und Großeltern. So kommt man ins Gespräch", sagt die Hobby-Imkerin. Das ist der Plan. Drüber reden und machen.

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