Meine Frau glaubt an Verschwörungstheorien

Von Christian Thiel
Meine Frau und ich sind seit 30 Jahren verheiratet und streiten immer wieder. Sie ist überzeugt von Verschwörungstheorien, sei es das Pharmakartell oder aktuell die Corona-Diktatur. Sie versucht, mich mit ihren Argumenten zu überzeugen, und ich habe natürlich meine Argumente. Wir spüren, dass wir uns weit voneinander bewegen und haben den Eindruck, dass wir uns auch partnerschaftlich aufgrund dieser Differenzen entzweien. Was raten Sie uns?
Ich kenne ein Paar, das seit 20 Jahren glücklich verheiratet ist. Sie wählt die Grünen, er ist Mitglied in der CDU. Zugegeben, das ist heute nicht mehr so ungewöhnlich, die beiden Parteien haben sich einander angenähert. Aber vor 20 Jahren war es das. Es war sehr ungewöhnlich. Jetzt kommt das Besondere: Die beiden hatten in 20 Jahren nicht einen einzigen politischen Streit.
Wie geht das? Mit Respekt. Jeder muss die Meinung des anderen respektieren. Und dann müssen sich beide den angenehmen Seiten ihrer Partnerschaft zuwenden. Fangen wir mit dem ersten Punkt an. Dem Respekt. Ihre Frau respektiert Ihre Überzeugung nicht, und Sie versuchen, sie zu überzeugen. Das ist aber nicht möglich. Menschen wollen nicht überzeugt werden. Sie wollen verstanden werden. Wie geht es Ihrer Frau derzeit? Wie fühlt sie sich angesichts der Corona-Panik da draußen?

Ihrer Frau fehlt das Verständnis. Das ist auf Ihrer Seite nicht anders. So lange Sie beide davon ausgehen, dass Sie den anderen überzeugen müssen, bevor Sie wieder glücklich sein können, wird Ihre Beziehung weiterhin schwierig verlaufen. Ich rate Ihnen zu einer Umkehrung: Wenden Sie sich den angenehmen Seiten Ihrer Beziehung zu. Machen Sie Ausflüge. Gehen Sie wandern. Fahren Sie Fahrrad. Lachen Sie zusammen. Küssen Sie sich. Umarmen Sie sich. Und haben Sie Sex. Und bei manchen schwierigen Themen muss man sich darauf einigen, dass man sich nicht einigen kann. Das nennt die Diplomatie „to agree to disagree“. Wenn Sie das alles tun, dann werden die politischen Fragen unwichtiger. In vielen Fragen des Lebens gibt es kein Richtig und kein Falsch, sondern einfach unterschiedliche Überzeugungen. Das ist in jeder Partnerschaft so.
Was könnten Sie noch tun, außer sich zu einigen, dass Sie unterschiedlicher Meinung sind? Sie könnten sich mehr füreinander interessieren. Die entscheidende Frage einer guten Ehe lautet nicht „Wer ist im Recht?“ Sie lauten vielmehr: „Wie geht es dir heute und was kann ich für dich tun?“ Konzentrieren Sie sich bitte hierauf. Und dann umarmen Sie sich.
Christian Thiel ist Single-, Partnerschaftsberater und Autor. Haben Sie Fragen an ihn? Schicken Sie eine Mail an [email protected].