Die im April gegossene Krone der Johannesglocke muss ins Labor. „Im Otto-Mohr-Laboratorium der TU Dresden wird sie in dieser Woche einer dynamischen Belastungsprobe unterzogen“, erklärt Dombaumeister Günter Donath. Vom Ergebnis der Untersuchungen hängt ab, ob die Johannesglocke im Dom so wie vorgesehen am Reformationstag endlich wieder läuten kann.
Ein Zufall hatte ein Problem ans Tageslicht gebracht: Der Dombaumeister hatte die 1977 in den Domturm gestürzte Glocke, die nun mit der neu gegossenen Glockenkrone verbunden werden soll, mittels Röntgenstrahlen, Ultraschall und Isotopenstrahlung untersucht. Dieselben Untersuchungen führte er danach an der aus den Figuren von vier Evangelisten bestehenden Glockenkrone durch. Dabei kamen kleine Luftbläschen im Innern des Gusses zum Vorschein, berichtet Günter Donath. „So etwas lässt sich nicht ausschließen, zumal der Guss nach einem historischen Verfahren erfolgte“, erklärt er. Keinesfalls treffe die Kunstgießerei in Lauchhammer ein Vorwurf.
Von den Untersuchungen im Otto-Mohr-Laboratorium erwartet der Dombaumeister nun Auskunft darüber, ob die Schwachstellen im Guss zu vernachlässigen sind oder mögliche Bruch-Gefahren in sich bergen. „Um jedes Risiko auszuschließen, muss die Krone dann nocheinmal gegossen werden“, so der Dombaumeister. Immerhin muss die Halterung mit der Domglocke eine Last von etwa acht Tonnen tragen. Muss neu gegossen werden, ist der Fertigstellungstermin wohl nicht mehr zu halten. Das neue Geläut würde erst zu Weihnachten vom Dom erklingen.
Glocken-TüV angeregt
Die Meißner Überraschung fließt auch ein in die wissenschaftliche Begleitung der Glocken-Reparatur gemeinsam mit Experten der Fachhochschule Kempten und der Leibnitz-Uni Hannover. Daraus könnte auch die Anregung erwachsen, alle Kirchenglocken in Deutschland und ihre Kronen mit mobilen Untersuchungsgeräten einer Art Glocken-TüV zu unterziehen. Sollten dabei Fehler im Material erkannt werden, ließen sich deren Auswirkungen mithilfe von Dehn-Mess-Streifen überwachen.
Glockenjoch angeliefert
Unterdessen werden die Arbeiten zur Reparatur der am 22. Mai 1977 abgestürzten Johannesglocke fortgesetzt. Gestern wurde das Glockenjoch geliefert. Da das Original 1979 verschrottet worden war, dienten andere original erhaltene Glockenjoche als Vorlage für das neu anzufertigende Meißner Bauteil. Das Unternehmen Takraf hat es in seinen Werken in Leipzig und Lauchhammer hergestellt, berichtet Günter Donath. Die Kosten von etwa 10000 Euro konnte der Dombauverein als Spende verbuchen.
Das Joch muss nun in den hölzernen Glockenstuhl eingehängt werden. Den elektrischen Antrieb für das Geläut liefert und montiert die Firma Ferner aus Niederau. Bleibt zu hoffen, dass die Krone bald eingesetzt werden und die Domglocke nach über 30 Jahren wieder erklingen kann. Harald Daßler