Von Reinhard Kärbsch
Von wegen, viele Köche verderben den Brei. Für Stephan, Max, Tom-Jo und Felix gilt der Spruch: Gemeinsam gelingt’s am besten! So rühren die vier achtjährigen Jungen Teig, bruzeln diesen zu unzähligen kleinen Pfannkuchen und kullern die nun bräunlichen Gebäckstückchen im Zucker. Eine große blaue Schüssel füllt sich schnell am gestrigen Vormittag im Schullandheim Grüngräbchen. Bald reicht sie nicht aus, um alles Gebackene aufzunehmen. Und das ist gut so, denn 35 Mädchen und Jungen möchten am Fastnachtstag versorgt sein. Sie alle sind hier vom vergangenen Sonntag bis nächsten Sonnabend im Ferienlager. Das Motto lautet dieses Jahr „Das Abenteuer geht weiter!“ Die vier Meisterbäcker finden ihr Tun nicht gerade abenteuerlich – im Vergleich zum Lagerfeuer, an dem sie schon saßen. Ein Besuch bei der Polizei ist geplant – und dort dann das Abenteuer Finden von Tätern angesagt.
Backen als Verwandlungsakt
Dafür erscheint ihnen das Backen interessant und spannend. Immerhin verwandeln sie Lebensmittel, die im rohen Zustand wenig schmackhaft sind, wie Mehl und Öl, in feinste Leckereien. Außerdem haben sie Spaß beim Zubereiten und finden sicher Anerkennung bei allen Naschkatzen. Tom-Jo kennt das. Er ist das dritte Mal im Schullandheim; einmal war er schon mit der ganzen Klasse angereist. „Es macht Spaß hier, weil man so viel machen kann“, sagt er. Freund Stephan findet, dass man eine ganze Menge dazu lernen kann und mit Freunden zusammen ist.
Die sitzen ein paar Meter weiter artig auf den Stühlen und warten, bis sie an der Reihe sind – zum Anfertigen einer Gipsmaske. Linda Holling und ihre Freundin Jenny Schmidt, beide elf Jahre, gehören dazu und üben sich in Geduld. Aufmerksam beobachten sie alles. Das wollten die beiden schon immer mal für sich machen lassen. Jetzt liegt noch Tim Karich auf dem Tisch, und der ehrenamtliche Jugendhelfer Ingo Linke legt ihm die angefeuchteten Gips-Stoffstückchen mit viel Geschick auf das Gesicht. Der Hightec-Ingenieur war vor Jahren mit Alzeyer Kindern zum ersten Mal in Grüngräbchen gewesen und hatte die Gegend wie eine junge Dame aus Sachsen namens Antje ins Herz geschlossen. Er gehört nun ab und an zu den jungen Leuten, die Spaß an der Betreuung von Kindern haben. Auch Juliane Hirschauer, die einmal Goldschmiedin werden möchte, gehört dazu. Sie wiederum ist die Freundin des Bruders dieser Antje.
Mit Kreativität und Geduld
In der obersten Etage des Hauses sitzen zwei Gruppen an langen Tischen. Hier wird kunstvoll mit bunten Perlen und Fäden gebastelt. Tiere sollen entstehen. Die Tätigkeit verlangt Fantasie, geschickte Hände und unendliche Geduld. Krokodile, Schildkröten, Schlangen und Mäuse sind nicht so einfach mit pizzligen Perlen und dünnstem Plastefaden herzustellen. Christian Janze macht aber immer wieder den Kindern Mut, gibt Hinweise, hilft... Der angehende Erzieher aus Ralbitz absolviert im Schullandheim ein ganzes Jahr den praktischen Teil seiner Ausbildung. Am Nebentisch leiten Anja Hoffmann und Christin Jannasch die Ferienkinder im Gestalten der „Bummeltierchen“an. Auf einen Ring aus Pappe werden die Fäden gezogen. Sie leisten hier im Heim ihr freiwilliges ökologisches Jahr.
„So funktioniert das bei uns“, lacht Antje Schranz, Leiterin des Schullandheimes, über diese Lösung der Personalfrage. Seit 2003 gehören solche inhaltlichen Angebote in den Winterferien zum Programm dazu (siehe Kasten). Sie kann sich über steigendes Interesse nicht beklagen. „20 Teilnehmer hatten wir 2003 zum ersten Mal, dann 27 und nun 35. Es spricht sich rum zwischen Südbrandenburg und südlich von Dresden“, freut sie sich. Für diese sieben Tage bezahlen die Eltern pro Kind 90 Euro – für die Ganztagsbetreuung und -versorgung. „Wir haben uns das damals einfallen lassen, weil wir etwas für die Auslastung tun müssen angesichts sinkender Schülerzahlen“, erläutert Antje Schranz. Dabei lege sie besonderen Wert auf die inhaltliche Profilierung, die auf Wunsch präzisiert oder verändert werden könne. Neu sei in diesem Zusammenhang auch, dass die in der Region existierenden Heime über die Oberlausitz-Niederschlesische Marketing-Gesellschaft ihre Aktivitäten koordinierten. „Platz ist genug vorhanden. Wir haben 56 Betten in sechs Schlafräumen und jede Menge anderen Platz.“