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Messen, stopfen, montieren

Bei eisiger Kälte verlegen Bahnarbeiter gerade 300 Meter neues Gleis für die S-Bahnverbindung nach Dresden. Die SZ war dabei.

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Von Peter Redlich

Die Baustelle liegt im Plan. Was so simpel aus dem Mund von Andreas Brunner klingt, ist das größte Lob für die Männer auf den Gleisen zwischen Radebeul-Ost und Dresden-Trachau. Bis zum 7. Februar müssen die 300 Meter Gleis für die S-Bahnzüge im Elbtal bereit sein. Kein Tag mehr ist vorgesehen.

Bis zu 17 Grad minus lassen den Maschinisten nachts die Gesichtszüge erstarren. Heißer Kaffee und Tee hilft da nur für Minuten. Hier wird im Drei-Schicht-Rhythmus erst gemessen, dann gestopft und montiert. Millimeterarbeit, sagt Michael Bicke. Er fährt mit einem Laserstrahlwagen über die Schienen. Der Strahl ist so was wie beim Mauerbau der gespannte Faden für den Maurer, damit die Ziegel gerade hochgezogen werden. Hier sind es Schienen. Kommen die aus der Linie, nur Millimeter, dann läuft der Zug unrund, wird der Stahl schneller abgenutzt.

Auch mit dem Schweißen bei diesen Temperaturen ist das so eine Sache. Der Stahl hat sich jetzt zusammengezogen, bei Hitze dehnt er sich aus. Da muss im Frühjahr nochmal nachgearbeitet werden, sagt Johannes Paasch, der als Schweißüberwacher arbeitet.

Zwischen die Schwellen ist Schotter geschüttet. Erst muss der alte braune raus, dann kommt neuer grauer rein. Darüber fährt dann ein Zug, groß wie ein Sattelschlepper – die Stopfmaschine. Sie rüttelt den Schotter in zwei Überfahrten so fest, dass die Schienen letztlich tonnenschwere Züge viele Tausendmale aushalten. 600 bis 800 Meter schafft die Maschine am Tag.

„Gott sei dank haben wir keinen Schnee und der Untergrund wird nicht aufgeweicht“, sagt Klaus Riedel. Riedel kennt solche Probleme. Er ist für den Ausbau zwischen Leipzig und Dresden zuständig. Die Stopfmaschinen, die von außen so robust aussehen, sind hochsensibel. Drinnen im Führerstand wird deutlich warum. Sie stecken voll Elektronik, die eben dafür sorgt, dass die Schienen wirklich millimetergenau liegen und auch liegen bleiben. Nachts wird die Maschine unter ein Wärmezelt gefahren.

Deutlich platt gefahren

Robert Mehnert und Chris Sander sitzen im Führerstand und bedienen den gelben Rüttelzug. Sie haben es gut. Drin ist es warm.

Ganz anders draußen am Gleis. Männer in leuchtend roten Anzügen sind mit überdimensionalen Schraubgeräten an den alten Schienen zugange. Schrauben lösen, dann von Hand abmontieren. Neben den alten, deutlich platt gefahrenen Schienen liegt schon der neue Strang.

„Die alten sind zu abgefahren. Das Ausweichgleis muss zwei Jahre halten“, sagt Klaus Riedel und zeigt in Richtung Dresden. Auf der bisher eingleisigen Strecke sollen bis 2014 nach Dresden-Neustadt auf beiden Seiten zwei Gleise verlegt werden.

Aus dem Messen, Stopfen, Montieren auf den 300 Meter Gleis zwischen Radebeul-Ost und Trachau entsteht das sogenannte Verschwenkgleis. Damit die Züge ein Jahr auf der einen Seite, das andere auf der anderen rollen können.

Noch sieben Tage haben die Männer Zeit, alles zu richten. Väterchen Frost soll mindestens bis zum Wochenende kein Erbarmen kennen, verkünden die Meteorologen. „Wir bleiben im Plan“, sagt Andreas Brunner beinahe trotzig in die Eiseskälte.