Von Christiane Raatz
Während sich die Verbraucher
zur Zeit über die niedrigen Preise für eine Packung Milch im Supermarkt freuen, steht den Landwirten im Elbland eine handfeste Krise bevor: „Wenn sich nicht bald etwas ändert, wird das gravierende Folgen für die Milchwirtschaft haben“, sagt Wolfgang Grübler, Geschäftsführer des Agrarunternehmens Lommatzscher Pflege.
Gravierende Folgen für alle
Entlassungen von Mitarbeitern seien nicht mehr auszuschließen. Ebenso werde eine Reduzierung der Viehbestände in Erwägung gezogen. Derzeit unterhält das Unternehmen noch rund 850 Kühe.
„Alle Landwirte machen sich derzeit Gedanken, wie es weitergehen soll“, so Grübler. Zur Zeit werde der Liter Milch für rund 24,5 Cent verkauft. Eine der größten Abnehmer, die Molkerei Müller in Leppersdorf bei Dresden, zahlte zuletzt sogar nur noch 24 Cent. Damit liegen die Preise so tief wie seit der Wende nicht mehr. Im Vorjahr lösten bereits Milchpreise von rund 28 Cent pro Liter einen bundesweiten Streik der Landwirte aus.
Zudem drücken die Discounter die Preise. „Davon können wir einfach nicht existieren“, so Grübler. Mindestens 30 Cent brauchen die Landwirte nach eigenen Angaben, um einigermaßen kostendeckend zu arbeiten. Zwar seien auch die Preise für Futterstoffe wie Getreide und Soja leicht gefallen, aber längst nicht so stark wie die Milchpreise. Ein erneuter Streik ist zunächst aber vom Tisch. „Solange sich die Strukturen in der Molkereiwirtschaft nicht grundlegend ändern, bleiben wir immer nur zweiter Sieger“, resigniert Grübler.
Erste Konsequenzen hat der Milchhof in Diera, auf zur Zeit rund 1000 Milchkühe stehen, bereits gezogen. „Wir mussten schon fünf Kollegen entlassen“, so eine Gesellschafterin.
Ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen ist möglicherweise vorgesehen. Eine Erholung des Marktes ist derzeit nicht abzusehen, im Gegenteil: „Die Molkereien haben bereits signalisiert, dass die Preise in diesem Jahr eher noch fallen“, so die Gesellschafterin. Schuld daran sei vor allem der sogenannte Spotmarkt: Betriebe, die keine feste Lieferverträge mit Molkereien haben, bieten ihre Milch hier zu Dumpingpreisen von weniger als 24 Cent an. Für viele Molkereien ein verlockendes Angebot.
Das Milchcenter „Dorfheimat“ Prausitz in Hirschstein liefert täglich bis zu 34000 Liter Milch an die Leppersdorfer Molkerei – zu einem Grundpreis von 24 Cent pro Liter. „Das ist zum Leben zu wenig, wir knabbern jetzt unsere Reserven an“, sagt Chefin Therese Gierschner-Wallrabe. Entlassungen der 55 Mitarbeiter seien vorerst nicht geplant. Schließlich müssen die 1360 Kühe und hunderte Kälbchen weiterhin versorgt werden. „Aber wir werden jetzt knallhart kalkulieren“, so Gierschner-Wallrabe.
Weniger als 24 Cent pro Liter
Als Ursache für den rapiden Preisverfall wird auch die im März 2008 beschlossene Erhöhung der Milchquote um zwei Prozent gesehen. Gierschner-Wallrabe vermutet, dass dahinter vor allem das Ziel einer Marktbereinigung steht. Nur, wer sich jetzt durchsetzen kann, wird künftig weiterbestehen.