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Minijob am Ladenregal

Seit jeder 400 Euro im Monat ohne Sozialabgaben verdienen kann, zählt die Minijob-Zentrale in Cottbus immer mehr solcher geringfügiger Beschäftigungen. Die Bundesregierung sieht darin einen Erfolg: Zwar sei ein Teil der Stellen durch Umwandlung entstanden, doch fast eine Million neue gebe es.

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Von Georg Moeritz

Dresden. Inge Richter* sieht sich als Opfer. Die Verkäuferin gehört zu den rund 120 Frauen und Männern, die in den vergangenen Wochen ihre Stelle bei Karstadt Dresden verloren haben. Mit schlechten Umsatz-Erwartungen hatte das Handelsunternehmen begründet, nicht alle 1 000 Beschäftigten halten zu können (die SZ berichtete).

Nach Richters Ansicht erledigen zunehmend geringfügig Beschäftigte die Arbeit in den großen Dresdner Kaufhäusern. Die Vereinfachung billiger 400-Euro-Jobs mache es möglich. Gerold Rölke vom Handelsverband Sachsen bestätigt den Trend im seiner Branche, etwa beim Auffüllen von Regalen Beschäftigte mit niedrigen Lohnnebenkosten einzusetzen. Im Falle Karstadt allerdings stellt sich der Betriebsrat hinter die Geschäftsführung: Die Entlassungen hätten tatsächlich die genannten betriebsinternen Gründe. Bei einer Umwandlung in Minijobs „wären wir nicht mitgegangen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Steffen Kalisch. Geringfügige Beschäftigungen gebe es schon lange, besonders vor Weihnachten und im Schlussverkauf.

Die Statistik der Minijob-Zentrale in Cottbus zeigt nicht klar, wie viele neue Stellen die Minijob-Reform vom April gebracht hat. Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte vorige Woche in Berlin, in Deutschland gebe es 5,8 Millionen Minijobs, nach 4,1 Millionen im vorigen September. Weil Forscher „davon ausgehen“, dass 740 000 Stellen durch Umwandlung alter entstanden seien, gebe es also 930 000 wirklich neue Jobs.

Für die neuen Länder mit Berlin weist die Statistik ein Plus von 43 Prozent bei Minijobs aus: 801 000 Menschen im Osten verdienten demnach im Juni bis zu 400 Euro im Monat. Im Einzelhandel waren davon 114 000 tätig, nach 80 000 im vorigen September. Einen starken Anstieg erlebten auch zum Beispiel Gastgewerbe und Verlagswesen – sowie Gesundheitsberufe.

Keinen großen Erfolg hatte die Minijob-Zentrale bisher im Osten mit ihrem Aufruf, auch Haushaltshilfen anzumelden: Aus Sachsen sind gerade mal 436 solcher Jobs registriert, bundesweit 28 000. S.4

*Name auf Wunsch geändert.