Von Ivette Wagner
Er braucht nur ein Wort, um sein Frühstück zu beschreiben: Ruhe. „Das ist das Wichtigste“, sagt Gordon Gatz. „Am liebsten tanke ich auf dem Balkon Kraft und dann kann der Tag auch mit Stress losgehen.“ Und die Tage können bei ihm ganz schön stressig sein. Seit Anfang Juli ist Gordon Gatz künstlerischer Leiter im Travestie-Theater Carte Blanche. Außerdem steht er selbst mit auf der Bühne. Hätte ihm das jemand vor ein paar Jahren gesagt, er hätte es niemals geglaubt.
Zunächst nur Ersatz
Das Showbusiness gehörte bis dahin nicht zum Leben von Gordon Gatz. Er betrieb zwei Gaststätten. „Travestie war für mich nie so ein Knüller“, sagt er. „Ich kannte die Menschen nur als verkrachte Existenzen aus Talkshows.“ Er lächelt nach diesem Satz. So wie damals über die Bitte eines Freundes. Der wollte durch Travestie-Auftritte Geld verdienen. Sein Bühnenpartner wurde krank und Gordon Gatz sprang nach langem Hin und Her doch ein. Als Sängerin Jennifer Rush zum Beispiel. „Im Publikum stand einer von einer großen Travestie-Revue, der mich hinterher fragte, wie lange ich das schon mache und ob ich Lust hätte, zu seinem Ensemble zu kommen.“ Die Antwort war ganz klar: Dieser Auftritt mit seinem Freund sollte der erste und einzige sein. „Zwei Jahre hat es gedauert, bis ich mir die Show dann doch angesehen habe“, sagt Gordon Gatz. Der Funke sprang über. Aber langsam. Erst jobbte er an der Garderobe, dann verdingte er sich als Tänzer. „Über die Zeit entwickelte sich daraus Travestie“, so Gordon Gatz. „Ich habe aber allein zwei Jahre gebraucht, um die männlichen Bewegungen wegzubekommen. Und die müssen wirklich weg.“
Seinen Durchbruch auf der Bühne feierte er als Kopie großer Hollywood-Diven wie May West oder Marilyn Monroe. „Jahrelang war ich auf Tour, irgendwann reichte mir das aber nicht mehr.“ Er wollte Abwechslung. Obwohl seine Kunstfigur Miss Chantal im Ruhrgebiet da schon Kultstatus erreicht hatte. Doch der Gedanke, ganz aus dem Showbusiness auszusteigen, verhinderte eine Frau: Zora Schwarz. Die Chefin des Dresdner Carte Blanche engagierte ihn, er fühlte sich wohl, er blieb. „Ich wollte immer zur oberen Liga in unserer Branche gehören und auch mit solchen Menschen arbeiten.“ Das ist ihm gelungen. Das Carte Blanche-Team sei wie eine Familie. „Es ist nicht wie in einer Firma, wo viele denken: Gott sei Dank ist der Tag rum.“ Gordon Gatz wird es auch nicht langweilig. Als künstlerischer Leiter studiert er neue Choreografien ein, konzipiert mit Zora Schwarz neue Programme. Dazu gehören natürlich auch Kostüme. Im neuesten Werk wird Dresden geehrt. „Wahrzeichen der Stadt spielen eine große Rolle“, sagt Gordon Gatz. „Es ist aber auch ein Dankeschön an das Publikum, das uns alle sehr freundlich hier aufgenommen hat und mit viel Spaß die Programme verfolgt.“ Neben dem Carte Blanche-Team noch ein Grund, hier Wurzeln zu schlagen.
Austoben im Freien
Das hat Gordon Gatz nun auch getan. Bei Kreischa fand er seine Traumwohnung. Oder besser: Seinen Traumgarten, 5 000 Quadratmeter groß. „Die Eigentümerin erlaubt mir, mich da auszutoben.“ Nichts lieber als das. Gordon Gatz liebt es, Brachland oder Wiesen in einen Garten umzugestalten. Mit Teich und Beeten und allem was dazugehört. „Da kann ich entspannen, das ist wie Urlaub.“