Von Sebastian Kositz
Ausgesetzt und überfahren: Es ist ein trauriges Schicksal, das nicht nur bei Katzenliebhabern für Entsetzen sorgen dürfte. Erst in der vergangenen Woche mussten Passanten mit ansehen, wie ein Unbekannter auf dem Lidl-Parkplatz an der Pulsnitzer Straße in Radeberg kurzerhand eine Katze auf dem Parkplatz aussetzte und sich anschließend aus dem Staub machte.
Doch damit nicht genug. Das offenbar völlig verwirrte Tier rannte auf die Straße und geriet dort unter ein Fahrzeug. Zwar überlebte die Katze das Unglück schwer verletzt, humpelt nun aber nur noch auf drei Beinen. Dass ihr Leben immerhin gerettet werden konnte, verdankt sie der liebevollen Pflege der engagierten Mitarbeiter des Radeberger Tierheims und einem Tierarzt, die sich dem schwer verletzten Tier nach dem Unfall sofort annahmen.
Vorfälle wie diese nehmen Sandro Reichenbecher, den stellvertretenden Leiter des Radeberger Tierheims, stets besonders mit. Zwar ist dieser Vorfall mit seinen krassen Folgen glücklicherweise eher die Ausnahme. Etwa fünf bis acht Fälle von Aussetzungen gäbe es im Jahr. Doch davon unabhängig werden auch so regelmäßig in die Radeberger Einrichtung neue Tiere gebracht. Verwahrlost aufgefundene Katzen, ebenso wie von ihren Besitzern nicht mehr gemochte Hunde oder Meerschweinchen.
Jedes Jahr finden nach Worten des stellvertretenden Tierheimchefs etwa 50 bis 70 Haustiere in der Radeberger Einrichtung ein vorübergehendes oder neues Zuhause. Meist sind es Katzen, die von ihren Haltern nicht mehr erwünscht oder irgendwo herumstreunend aufgegriffen worden sind.
Und überall im Landkreis landen immer wieder hilflose Tiere in den Heimen. In Bautzen-Bloaschütz – zuständig für das Gebiet um die Spreestadt und Bischofswerda – wird jeden Tag mindestens ein Haustier abgegeben. Im vergangenen Jahr waren das 290 Katzen, 70 Hunde und 20 weitere Kleintiere. Für die meisten ist der Aufenthalt dort nur vorübergehend, finden sich rasch bald neue Besitzer. „Nur bei den alten oder sehr menschenscheuen Tieren ist die Vermittlung besonders schwierig“, sagt der dortige Chef Uwe Bär.
Wie auch in Radeberg handelt es sich bei den meisten der Tieren, die in der Einrichtung in Bloaschütz abgegeben werden, um herumstreunende Katzen. Wo die genau herkommen, weiß niemand so genau. „Die können zuvor ausgesetzt worden sein. Oder es sind wild lebende Katzen, um die sich keiner kümmert“, erklärt Uwe Bär.
Oft genug trennen sich aber auch Besitzer von ihren einstigen Lieblingen, weil sie entweder durch neue Lebensumstände die Tiere nicht mehr halten können oder weil sie mit ihnen überfordert sind. Umzüge spielen dabei ebenso eine Rolle wie plötzlich auftretende Allergien. „Zudem geben die Betroffenen häufig an, dass sich die Tiere mit dem hinzugekommenen Familiennachwuchs nicht vertragen, Hunde und Katzen eifersüchtig auf die kleinen Babys reagieren“, meint der Chef der Einrichtung in Bloaschütz, das vom Tierschutzverein Bautzen betrieben wird. Selbst nach Ehescheidungen werden oft Tiere ins Heim nach Bloaschütz gebracht.
Wer ein Haustier ehrlich bei den Tierschützern in Radeberg abgibt, muss je nach Zustand und Art zwar eine gewisse Summe berappen. Doch die ist vergleichsweise gering beim Blick auf die empfindlichen Strafen, die drohen, wenn jemand ermittelt wird, nachdem er sein Tier ausgesetzt hat. „Das Aussetzen der Tiere ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis 25 000 Euro geahndet wird“, warnt Uwe Bär. – Doch nicht nur ausgesetzte Tiere müssen leiden. Seit einigen Jahren steigen im Landkreis die Zahlen der Anzeigen wegen Tierquälerei. Im vergangenen Jahr erfassten die Verantwortlichen im Landratsamt 213 Fälle. Zum Vergleich: 2010 waren es noch 183. Etwa zwei Drittel der Fälle betreffen nach Worten von Kreis-Sprecherin Madlen Paul die private Heimtierhaltung, zumeist Hunde. „Hauptsächlich geht es dabei um die Haltungsbedingungen, konkret die Unterbringung, den Auslauf oder die Versorgung“, sagt Madlen Paul. Die Mitarbeiter des Landratsamtes prüfen dann vor Ort die Gegebenheiten und versuchen, den Tierhalter mit Auflagen zu einer Verbesserung des Zustandes zu zwingen. Fehlt den Besitzern die Einsicht, ist auch eine Fortnahme der Tiere möglich. Die landen dann meist wieder in den Tierheimen. – Auch der Wachauer Tierarzt Steffen Jakob erhält immer wieder Anfragen zum Tierschutz. „Beispielsweise rufen besorgte Menschen an, bei denen in der Nachbarschaft ein Hund pausenlos bellt. Sie fragen, was sie tun können, wo sie Anzeige erstatten können“, erzählt der Tierarzt. Er rät, zunächst mit den Nachbarn zu sprechen. „Sollte das nichts bringen und der Umgang mit dem Tier nicht verbessert werden, wäre der nächste Ansprechpartner ein Tierschutzverein“, sagt er. Aber auch er könnte nur Hinweise geben. „Sollte alles nichts fruchten, dann hilft nur eine Anzeige beim Landratsamt.“ (mit SZ/td) Auf ein Wort
Kontakt Tierschutzverein Radeberg, An den Drei Häusern 12, 01454 Radeberg/Ortsteil Lotzdorf,
03528 237287 oder 03528 238243