Von Reinhard Kärbsch
Wenn Luca sein Flugzeug aus Holz fertig gebastelt hat, möchte er es natürlich auf Flugtauglichkeit prüfen. Gleich hinter dem Schulgebäude am Kamenzer Gickelsberg. Dort oben streicht immer etwas Wind übers Gelände. „Es ist aus leichtem Holz, damit es besser fliegen kann“, erklärt der Zweitklässler. Mit Eifer ist er dabei, ganz klar. Er leimt ein gerade abgebrochenes Stückchen Holz wieder an. Das Material ist eben dünn und hat seine Tücken: So recht will es nicht halten an der schmalen Klebefläche. „Nur Geduld, probiere es noch einmal“, beruhigt Dieter Duschek. „Und dann halte alles nicht von beiden Seiten fest, sonst verwackelst du alles und es klebt nie zusammen“, rät der 70-jährige Rentner.
Hort- und Hauskinder dabei
Er gehört zu den vier Erwachsenen, die sich aller 14 Tage für 90 Minuten in einer Holzwerkstatt um 16 Jungen und Mädchen der 1. Kamenzer Grundschule kümmern (siehe Kasten). Neben dieser Werkstatt konnten sich die 112 Schüler drei weiteren Bereichen zuwenden, erklärt Steffi Kronenberg, Vorsitzende des Fördervereins Grundschule am Gickelsberg. Es sind Begabtenförderung, Lernhilfe und sportliche Betätigung. „Wir erfassen damit die Hort- und auch zahlreiche Hauskinder“, freut sie sich. So baut unter anderem Justus ein Windrad aus Afrika, Tom gleichfalls ein Flugzeug, Elisa ein funktionierendes Periskop und Claudine einen „kleinen Rosenkavalier“.
Mit Holz kennt sich Dieter Duschek, gelernter Schneidermeister, aus. Mit Mörtel und Metall auch, überhaupt mit Handwerk. „Ich habe immer versucht, alles zu lernen, na sagen wir – fast alles. Und was man weiß und kann, sollte man auch anderen Menschen vermitteln“, ist einer seiner Lebensgrundsätze. „Aber ich bin nicht allein. Ohne Herrn Rietscher und die zwei Herren vom ,Stellwerk’ ginge es auch nicht.“ Letztere sind von einem Verein aus Radeberg, der über eine mobile Holzwerkstatt verfügt (siehe Kasten). Gören Barthel ist ihr Leiter und mit dabei, wenn am Gickelsberg gesägt, geklebt, gefeilt und geschliffen wird. Der gelernte Fliesenleger schulte mangels Arbeit in der Branche auf Holz sowie Pädagogik um und stieg 2003 in das Projekt als Fachkraft für soziale Arbeit ein. Sein Assistent heißt Alexander Krause, von Beruf Bäcker. Der 28-Jährige muss sich hier als Ein-Euro-Jobber verdingen. „Ich finde einfach keine andere Arbeit, aber diese hier mit Kindern ist wenigstens was Sinnvolles“, meint er. Den Stefan unterstützt er gerade beim Bau des Segelschiffes „Capri“. Für den Vierklässler ist das schon eine anspruchsvolle Aufgabe.
Prinzip: Alles spielend lernen
Er schneidet Schablonen aus, überträgt sie auf das Material Styrodur, einem Werkstoff aus der Retorte. Alexander Krause schneidet die Teile mit einem scharfen Messer aus. „Sicherheit geht über alles“, sagt er. Dann raspelt Stefan die Kanten ab. Auch Thomas Rietscher hilft den Kindern. Der 24-Jährige ist Mitglied des Fördervereins, ansonsten Assistent für Multimedia. „In der Werkstatt geht es spielerisch zu. Spielend lernen heißt der altbewährte Grundsatz. Die Kinder haben vor allem Spaß, üben eine sinnvolle Tätigkeit aus, lernen verschiedene Dinge hinzu und vervollkommnen ihr praktisches Geschick“, erläutert Duschek. Jahrzehntelang hat in einem Kamenzer Textilunternehmen gearbeitet und es geleitet. Ehrenamtlich war er einst in Prüfungsgremien der Handwerkskammer tätig. Standen irgendwelche politischen Wahlen an, die Organisatoren fanden in Dieter Duschek immer einen Helfer. Bis vor kurzem war er Schöffe bei Gericht. Hier kommen allerdings nach zwei Wahlperioden andere Laienrichter an die Reihe. „So habe ich nun Zeit für dieses Projekt Holzwerkstatt.“ Seine Nachbarin am Langen Gäßchen, besagte Steffi Kronenberg, gewann ihn dafür. Agitieren musste sie überhaupt nicht.