Von Frank Seibel
Doktor Holger Schenke gibt es zu. Auch er treibt kaum Sport. Zum Glück ist er während der Arbeit ganz gut zu Fuß. Das Klinikum bietet ausreichend Platz für Bewegung. Dann eilt der Chefarzt für Neurochirurgie hin und her zwischen Operationssaal und Visite. Dort hat er dann die Mitmenschen vor sich, die ebenfalls zu wenig Sport machen oder sich zu wenig bewegen. Denn eine seiner Spezialitäten ist die Behandlung von Schäden an der Wirbelsäule. „Es ist ja heute fast schon üblich, dass man sich nur zwischen Kühlschrank und Fernseher bewegt.“ Das tut dem Körper bekanntlich nicht gut.
In der Bandscheibentherapie geht der Neurochirurg ganz neue Wege, wie sie in Deutschland bisher kaum beschritten werden. Er ersetzt kranke Teile der Wirbelsäule durch modernste Implantate. Schon vor zwei Jahren hat das Klinikum als erste Einrichtung in den neuen Bundesländern damit begonnen, elastische Bandscheibenprothesen einzusetzen.
Seit neun Jahren gibt es die Klinik für Neurochirurgie am Städtischen Klinikum Görlitz. Seitdem, sagt Schenke, hat sich die Einrichtung zu einem sehr leistungsfähigen Haus entwickelt. Was die Behandlung von Wirbelsäulenschäden betrifft, sieht sich das Klinikum sogar als Referenzzentrum, das weit über die Grenzen der Stadt hinaus ausstrahlt. Dabei nimmt die Neurochirurgie, wie andere Bereiche des Klinikums auch, immer stärker auch die östlichen Nachbarn in den Blick. Kürzlich haben auch die Klinik für Plastische Chirurgie und die Frauenklinik ihre Konzepte für ihre Ausrichtung nach Osten öffentlich vorgestellt.
Die positive Entwicklung der Neurochirurgie hat Holger Schenke in den vergangenen fünf Jahren entscheidend geprägt. 1998 ist der Arzt, der aus Thüringen stammt, nach Görlitz gekommen. Als Ruhepunkt in der Provinz haben er und seine fünf Ärzte den Standort nie gesehen. Häufig genug ist Holger Schenke auf Achse, um sich bei Tagungen und Kongressen auf dem neuesten Stand zu halten.
So sind die Neurochirurgen in Görlitz seit kurzem in der Lage, auch im Halswirbelbereich elastische Bandscheiben einzusetzen. Hier sei die Klinik wiederum ein Vorreiter in den östlichen Bundesländern, sagt Dr. Schenke. Natürlich sind die neuen Verfahren nicht billig. „Das ist wie bei allen medizinischen Neuerungen.“
Daher kommen vor allem die jüngeren Patienten in den Genuss der neuartigen Therapie. Doch auch deren Zahl steigt. Rückenschäden und Bandscheibenprobleme sind zwar klassische Verschleiß-Erscheinungen, die mit zunehmendem Alter naturgemäß auftreten. Doch längst zählt Holger Schenke Junge wie Alte, Dicke wie Dünne, Große wie Kleine zu seinen Patienten.
Natürlich hat das etwas mit den Lebensgewohnheiten zu tun. Täglich sitzen, sitzen, sitzen. Die Kosten für das Gesundheitssystem gehen allein für Rücken-Patienten in die Milliarden, schätzt Holger Schenke. Daher nimmt er sich selbst auch vor, was er sonst seinen Patienten sagt: Mehr Sport, gesunde Ernährung. „Jeder Gang tut gut“, sagt Schenke. Und ist froh, dass ihm der Klinik-Alltag täglich einigen „Auslauf“ gewährt. Schließlich hat sich der Neurochirurg für die nächsten Jahre mit seinem Team noch viel vorgenommen. Rückenschmerzen stören da nur.