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Mit dem Sonderzug durchs Grenzland

Verkehrstechnisch wäre im Dreiländereck noch viel mehr möglich als bisher. Ein ziemlich verrückter Plan hat das am Dienstag eindrucksvoll gezeigt.

Von Jana Ulbrich
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Michal Bartak fährt dem Sonderzug der Länderbahn in den Görlitzer Bahnhof ein. Er ist auf einer Strecke gefahren, die seit Jahren nur noch dem Güterverkehr dient.
Michal Bartak fährt dem Sonderzug der Länderbahn in den Görlitzer Bahnhof ein. Er ist auf einer Strecke gefahren, die seit Jahren nur noch dem Güterverkehr dient. © Foto: Nikolai Schmidt

Michal Bartak ist stolz wie ein Schneekönig: Der 34-Jährige ist Niederlassungsleiter der Länderbahn im tschechischen Hradek nad Nisou (Grottau). Aber an diesem Dienstag ist Bartak Lokführer. "Das lasse ich mir heute nicht nehmen, diesen Zug zu fahren", sagt er lachend.

Es ist ein ziemlich verrückter Plan, den Bartak und seine Kollegen an diesem Tag in die Tat umsetzen. Unter Federführung des Kreises Liberec (Reichenberg) und mit Mitteln des grenzüberschreitenden des EU-Projekts "Trans-Borders" (über Grenzen) haben sie polnische, tschechische und deutsche Kommunalpolitiker, Verkehrsexperten und Journalisten zu einer Rundfahrt durchs Dreiländereck eingeladen. 

Es ist tatsächlich eine Rundfahrt: Von Liberec geht es über Frydlant (Friedland) nach Polen, auf polnischer Seite dann nach Zgorzelec, weiter über Görlitz, Zittau und Hradek  zurück nach Liberec. Eine Rundtour, die sich wunderbar befahren lässt, die es so aber leider nicht (mehr) gibt.

© Grafik: Romy Thiel

Denn auf tschechischer Seite enden die Züge im letzten Ort vor der polnischen Grenze. Die Schienen führen zwar weiter, auf polnischer Seite wird die Strecke bis nach Zgorzelec aber seit 1991 nur noch von ein paar Güterzügen befahren. "Dabei war das hier früher mal die Fernverbindung von Berlin nach Wien", weiß Michal Bartak. Jetzt aber fühlt sich der Friedländer Zipfel vom Verkehr genauso abgehängt wie der polnische mit den Orten Zawidow (Seidenberg) und Sulikow (Schönberg).

Kein Wunder also, dass die Einwohner von Zawidow den Sonderzug mit Fahnen und Musik empfangen. Es ist der erste Personenzug seit 28 Jahren, der am verfallenen Seidenberger Bahnhofsgebäude hält. "Unser Ziel ist es, diese Strecke wieder für den Personenverkehr nutzbar zu machen", sagt Jan Svitak, der stellvertretende Amtshauptmann des Kreises Liberec. "Wir wollen, dass die Züge hier wieder von Prag über Liberec bis nach Görlitz durchfahren können - und das auch so bald wie möglich."

Aber "bald" ist relativ. Das weiß auch Jan Svitak. "Gerade deswegen findet diese Fahrt  genau an diesem Tag statt", erklärt er. Denn in Frydlant tagt gerade die "Trans-Border"-Arbeitsgruppe, die sich um eine bessere Anbindung der Region an die internationalen Fernlinien kümmern soll. Auch die Tagungsteilnehmer steigen in den Sonderzug.

Denn alleine kann ein Land in diesem Dreiländereck nichts ausrichten. Alleine achtmal passiert der Zug auf dieser Rundfahrt eine Staatsgrenze. "Wir müssen zusammenarbeiten, wenn wir die Verkehrsverbindungen für uns alle attraktiver machen machen wollen", sagt Svitak.

So sieht das auch Christoph Mehnert vom Oberlausitzer Verkehrsverbund Zvon. Auf deutscher Seite ist vor allem die Elektrifizierung der Strecken nach Görlitz ein Problem, das dringend gelöst werden müsse. Denn noch immer müssen die Fahrgäste auf der wichtigen Verbindung von und nach Wroclaw (Breslau) umsteigen. Erstes Ziel ist es jetzt, bis Mitte der 2020er Jahre wenigstens die Strecke von Görlitz nach Zgorcelec zu elektrifizieren. Dann könnten die Fahrgäste gleich auf dem Görlitzer Bahnhof in den Zug nach Breslau steigen, sagt er.

Michal Bartak von der Länderbahn steuert den Sonderzug durch eine herrliche Landschaft. Vor dem Fenster zieht unverbautes, sanftes Hügelland vorbei, am Horizont erheben sich Berge, im Tal fließen Witka (Wittig) und Neiße. Es wäre auch eine touristisch sehr reizvolle Strecke. Lokführer Bartak freut sich, dass es mit dieser Rundreise geklappt hat: "Wir wollen der Welt zeigen, dass diese Verbindungen da sind, aber sie sind eben noch nicht ideal." Vor allem auf dem polnischen Abschnitt, auf dem der Zug nur mit 20, höchstens 30 Stundenkilometern unterwegs sein kann.  

Aber es sitzen ja die Teilnehmer der "Trans-Border"-Tagung im Zug, unter ihnen auch Petra Ludewig vom Sächsischen Wirtschaftsministerium: Genau darum geht es, sagt sie, die Region, die mitten in Europa liegt, an die europäischen Routen anzuschließen. Michal Bartak würde sich freuen, wenn das endlich gelingt: "Von Görlitz wäre man dann ohne umzusteigen in weniger als ein und einer Viertelstunde in Liberec", sagt er.   

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