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Mit der Ponykutsche in den Norden

Jessen. Bernd Leupold hat sich einen Traum erfüllt. Drei Wochen lang zog er mit zwei Ponys und Kutsche quer durch Deutschland.

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Von Jürgen Birkhahn

Es ist eine verrückte Idee. Seit Jahren plagt sich Bernd Leupold mit ihr herum. „Jetzt muss ich sie wahrmachen“, sagt er und steckt im Atlas die Route ab. Von Jessen bei Niederau macht er sich auf nach Emlichheim, einem Ort in der Grafschaft Bentheim, nahe an der Grenze zu den Niederlanden.

Als sich Leupold dort bei seinen Verwandten zum Besuch ankündigt, glauben die nicht so richtig daran, dass er tatsächlich mit Ponys und Kutsche kommt. Doch der 56-Jährige kommt von seiner Idee einfach nicht los und sichtet erst einmal auf der Karte die Strecke. „Ich habe von Jessen bis Emlichheim einen Strich gezogen“, sagt Leupold, dessen Reisevorbereitungen sich in Grenzen halten. Für die Route gibt es keine Vorbereitungen. Er fährt einfach los, hat dann geguckt, wo auf Bauernhöfen Pferde stehen, fragt nach, ob er eine Nacht bleiben und auch die Pferde versorgen kann.

Nur wenige weisen ihn ab

Nur selten wird er abgewiesen. Für solch einen Fall hat er vorgebeugt, führt im Gepäck ein kleines Zelt mit, welches er allerdings nur dreimal aufschlägt. Leupold hat schon lange nicht mehr in einem Zelt geschlafen. Zum letzten Mal als Kind. So wie damals macht es ihm auch jetzt Spaß. Erste Zweifel kommen aber auf, als der Luftmatratze im Mittelteil die Luft ausgeht.

Etwa 30 Kilometer legt der Jessener im Durchschnitt pro Tag zurück. „Ich bin immer früh beizeiten aufgestanden, um die Frische des Tages zu nutzen“, sagt der ehemalige Landwirt. Noch vor dem ersten Hahnenschrei ist für ihn die Nacht vorbei. Gegen vier Uhr verlässt er die Koje, bringt den Campingkocher in Gang und bereitet sich einen Tee. Das Frühstück hat er bereits am Vortag eingekauft: Brot und eine Büchse Wurst. Das reicht für den ganzen Tag. Noch während das Teewasser kocht, werden Sarah und Tine, die beiden Ponys, versorgt und für die Weiterreise fertig gemacht.

Bis zum späten Vormittag geht die Reise weiter, dann werden am Nachmittag noch einmal ein paar Kilometer absolviert. Im Blick dabei schon die Suche nach einem Nachtquartier. „Ich hätte nie gedacht, dass die Leute so aufgeschlossen sind“, sag Leupold, der zum Teil in der Scheune auf Stroh, in einer Getreidehalle aber auch in bequemen Betten geschlafen hat. „Die Leute haben sogar nachts ihr Haus aufgelassen, damit ich in das Bad konnte“, erzählt er. So musste er nicht auf das Duschen verzichten.

Ob er bei schlechtem Wetter in ein Hotel gegangen wäre? „Auf keinen Fall“, sagt der Jessener. Das hätte zum einen dem Charakter seiner Fahrt widersprochen und sei zum anderen wegen der Ponys nicht möglich gewesen. Schließlich mussten ja auch sie versorgt werden. Und das hat bestens geklappt.

Leupold hat auf seiner Reise viel erlebt. Einmal hat ihn die Polizei gestoppt. Als er erzählt, wo er her kommt und hin will, lassen ihn die Polizisten erst einmal ins Röhrchen blasen. „Das zeigte 0,0 an“, sagt er. Alkohol gehört schließlich nicht zu seinem Gepäck. Das ist ohnehin knapp bemessen. Eine Kiste mit Sachen, eine weitere mit ein paar Nahrungsmitteln und die Campingausrüstung sind alles, was auf der kleinen Kutsche verstaut ist. Um die Sachen vor Regen zu schützen, hat er sich extra vom Sattler eine Plane anfertigen lassen.

Gäste neugierig auf Geschichte

Leupold sind hauptsächlich die vielen Gespräche mit den Leuten in Erinnerung. Dabei macht er die Erfahrung, dass vor allem im Norden wenig über den Osten bekannt ist. Aber auch Leupold erfährt Neues über Land und Leute. 21 Tage ist er unterwegs und legt dabei genau 705 Kilometer zurück, wie der Zähler an seiner Kutsche zeigt. Heimweh gibt es da nicht. Anders bei Hündin Dolly, die am liebsten schon kurz nach Reiseantritt wieder zurück gelaufen wäre.

In den nächsten Tagen bekommt Leupold die Fotos von seiner Tour. Dann werden sich sicher noch mehr Nachbarn und Freunde am Gartentisch einfinden und von seinen Erlebnissen und Plänen hören. Vielleicht startet er ja wieder einmal zu einer großen Tour.Seine Frau sieht das allerdings nicht so gern. Schließlich hat sie jeden Tag um ihren Mann gebangt und gehofft, dass er die Tour auch gesundheitlich durchsteht. Doch Bernd Leupold winkt ab: „Ich bin immer nur soweit gefahren, wie ich es mir auch zutraue. Mich drängelt doch keiner.“