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Mit Fahrrad und Federhammer auf Zeitreise

Hirschfelde. Am Sonntag strömten Hunderte Besucher ins einstige Braunkohle-Kraftwerk.

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Von Grit Lobstein

Das ehemalige Maschinenhaus des Kraftwerks Hirschfelde ist mit fünf Etagen über 150 Meter lang. Dennoch wirkt es einsam auf dem riesigen Gelände an der Neiße in Hirschfelde. Doch der erste Eindruck täuscht. Es ist zwar das einzige übrige Gebäude des einstigen Stromerzeugers, dafür ist hier aber umso mehr los. Über 160 Exponate – die vielen kleinen sind noch gar nicht mitgezählt – hat der Förderverein Technisches Denkmal und Museum e. V. bereits zusammengetragen. Da gibt es viel anzuschauen für die zahlreichen Besucher am gestrigen Sonntag. Zumal viele der Maschinen in Betrieb sind. So auch das älteste Stück, eine Dynamomaschine aus dem Jahr 1888. Die Vitrine, in der sie steht, scheppert, als Friedrich Grosse, der zweite Vorsitzende des Fördervereins, sie in Gang setzt, aber dann läuft die Maschine wie ein Uhrwerk. „Das ist irre, da schlägt das Technikerherz höher“, freut sich Mario Schäfer.

Naturlehrpfad eingeweiht

Er nutzte, wie einige andere Radfahrer, die Gelegenheit, den neu eingeweihten Naturlehrpfad zwischen Hradek und Ostritz zu erkunden. Zwar muss man vom eigentlichen Radweg kurz abbiegen, aber das Kraftwerksmuseum ist eindeutig der Höhepunkt des Lehrpfades. „Es existiert von den sonst beschriebenen Einrichtungen ja nichts mehr, doch hier bei uns kann man Geschichte noch erleben“, schwärmt Wolfgang Meißner, der Vereinsvorsitzende. Sei es nun einfach beim Bestaunen der alten Transformatoren, Generatoren und Schalteinheiten oder beim Schauschmieden. Hier hat wohl Schmied Uwe Lehmann den heißesten Job. Am offenen Feuer demonstriert er, wie früher geschmiedet und geschweißt wurde. „Wumm, wumm“, kracht der Schmiedehammer aufs glühende Eisen. „Dabei bleibt man wunderbar fit“, lacht der Görlitzer und bedient mit scheinbarer Leichtigkeit den Federhammer. Dieser ist wiederum ein Exponat des Museums und wird über eine Transmission angetrieben.

Genauso wie die Feilenhaumaschine vom früheren Feilenhersteller Mihelin aus Görlitz. Bis 1990 wurde dort noch produziert, danach stand die Technik brach. „Jetzt haben wir die Reste geborgen“, erzählt Meißner. „Wir wollen den Besuchern aber nicht nur Kraftwerkstechnik zeigen, sondern alles, wofür man Strom braucht“, und so führt er weiter ins Computerkabinett. So sehr lange ist es noch gar nicht her, wo in den meisten Büros noch der PC 1715 oder der MC 80 standen und der riesige Nadeldrucker rasselte.

„Es ist ein Museum, das auf jeden Fall erhalten werden muss“, meint nicht nur Mario Schäfer. Dass es endlich Hoffnung gibt, freut neben den Mitgliedern des Fördervereins auch die Vertreter des Landkreises Löbau-Zittau, der Gemeinde Hirschfelde und der Hochschule Zittau/Görlitz, die vor zwei Jahren eine Gemeinschaftsinitiative zum Erhalt bildeten. Denn im September beschloss der Energiekonzern Vattenfall, das bürgerliche Engagement zu würdigen. So soll mit einer großzügigen siebenstelligen Summe die Zukunft des Denkmals gesichert werden.

Wer den Tag der offenen Tür verpasst hat, kann zu den Öffnungszeiten des Museums vorbeischauen: Dienstag, Mittwoch und Freitag von 9 bis 16 Uhr, Donnerstag von 9 bis 18 Uhr (Mai bis Oktober); Donnerstag von 9 bis 16 Uhr (November bis April).